Der Klassiker kehrt zurück. Auch in FIFA 15 kann Electronic Arts auf ausverkaufte Stadien hoffen. Nach dem erfolgreichen Vorgänger warten viele Verbesserungen auf die Fifa-Gemeinde. In unserem Test werden wir die laufenden Balltreter wieder über den virtuellen Rasen jagen und schauen was der neue Ableger so in das Heimstadion bringt.
Nach erfolgreicher Installation wirft uns Fifa mitten hinein in den Finalspieltag der englischen Premier League. Auf dem Platz an der Anfield Road begegnen sich die beiden Titelaspiranten Liverpool und Manchester City. Anpfiff der Partie und wir staunen schon nicht schlecht. EA verblüfft uns mit einer Fußball Simulation die optisch immer mehr in Richtung TV-Übertragung geht. Weit in der zweiten Halbzeit des Spiels bemerken die Fans, dass ihnen der Titel nicht mehr genommen werden kann und stimmen wieder ihren Song an. Ein paar Minuten vor dem Schlusspfiff dröhnt daher erneut „You’ll Never Walk Alone“ aus unseren Boxen. Totale Gänsehaut! Eine fantastische Atmosphäre!
Die Stimmung im Stadion war bei FIFA ja schon immer stark, doch dieses Jahr kann man sie nur noch als brillant bezeichnen. Zumindest wenn man sich in FIFA 15 in erster Linie in den oberklassigen Ligen der stärkeren Fußballnationen herumtreibt. Das Fangesang-Repertoire der großen Fußballclubs hat Electronic Arts nämlich ordentlich aufgestockt. Selbst aus der Bundesliga erkennen wir die typischen Torjubel wie etwa der Bayern, der Dortmunder oder Schalker. Dazu kommt noch das sich das Publikum während einer Partie akustisch viel dynamischer präsentiert als noch im vergangenen Jahr. Die Aktionen gegen Ende einer Partie werden lauter bejubelt und beklatscht, genauso wie wichtige Tore oder der späte Ausgleich. Beim Spielerwechsel der Gastmannschaft pfeift es von den Rängen, und ebenfalls wenn ein verhasster Spieler am Ball ist.
Das hat uns gefallen:
Es wurde dieses Mal großen Wert auf „echte“ Emotionen der Spieler gesetzt. In FIFA 15 sind die Kicker keine Fußball-Maschinen mehr, es wird Gemecker, gibt Rudelbildung und genervte Spieler. Aufgefallen ist uns, die Spieler merken sich was auf dem Rasen geschieht. In einem unserer Testspiele wird Robert Lewandowski etwa drei Mal in kurzer Zeit gefoult. Beim dritten Tritt platzt ihm der Kragen und der Übeltäter bekommt eine ordentliche Standpauke. Um die Spieler herum haben die Entwickler kräftig an der Stimmungsschraube gedreht. Das ist keine Überraschung, denn eine packende Präsentation gehörte schon immer zu den Stärken der FIFA-Reihe. Und dank der Next-Gen-Power der Xbox One lässt FIFA 15 so richtig die Muskeln spielen. Das Publikum wirkt längst nicht mehr wie eine bunte Texturwand. Neu ist auch das abnutzen des Rasens durch grätschen oder ständiger Sprints über das Feld, so sieht nach 90 Minuten selbst der feinste englische Rasen wie ein Schlachtfeld aus.
Geschraubt wurde dieses Mal auch an den Torhütern, diese stehen nun deutlich besser zum Ball und reagieren jetzt schneller. Das liegt teils aber auch an den Next-Gen-Konsolen die zusätzlichen Speicherplatz für mehr Animationen bereitstellen. Ihr werdet nun feststellen das bewährte Angriffsmuster, wie im Sechszehner nach innen ziehen und einfach mal schießen, nicht mehr erfolgreich sein werden, denn so leicht trickst ihr die Keeper nicht mehr aus.
Eine gelungene Pass-Überarbeitung haben wir ebenfalls bemerkt, sie rollen merklich schneller über das virtuelle Grün. Der Steilpass etwa ist deutlich sensibler geworden. Ab sofort reicht auch ein kurzes Antippen der Y-Taste, um dem Stürmer einen pfeilschnellen Pass in den Lauf zu schicken. Ein Segen für schnelle Tempowechsel. Gleichzeitig verlieren Flanken an Biss und hohe Bälle erreichen nicht immer punktgenau ihr Ziel, was ihre Wirkung damit leicht entschärft. In unseren Testpartien initiieren Flankenbälle daher oft unvorhersehbare Spielszenen. Gut so, gerade in der esport-Szene wurde das vorhersehbare Flanke-Kopfballtor-Manöver sehr stark kritisiert. Dass wir nun bei Ecken, Freistößen und Einwürfen nun mit dem rechten Stick auf einen Empfängerspieler wechseln können, erweitert die Standardsituationen um eine zusätzliche taktische Komponente. Übers Digitalpad geben wir beim Eckenschießen außerdem Anweisungen für einstudierte Laufwege. Schick ist auch, dass der Spielfluss nicht mehr ständig durch Wartezeiten beim Einwurf gestört wird. Ist ein schneller Einwurf möglich, wird der ausgeführt und dauert es hingegen länger, weil etwa ein Ball irgendwo im Spielfeld liegt, macht das Spiel einen Schnitt und wir dürfen einwerfen.
Gar nicht so dumm. Denn beim Wechsel- und Aufstellungsmenü hat sich EA bei der Konkurrenz bedient. Dass aus Pro Evolution Soccer bekannte Netzdiagramm zeigt grafisch an, wie stark ein Spieler in den Punkten Tempo, Schießen, Passen, Dribbling, Defensive und Physis ist. Das macht die Aufstellung jetzt sehr viel leichter. Bei den Flügelspielern achten wir besonders auf die Geschwindigkeit, bei Innenverteidigern auf die Defensivwerte. Auch die Auswechslung geht so deutlich leichter von der Hand, weil sich Spieler direkt vergleichen und damit passend ersetzen lassen. Auf Knopfdruck empfiehlt uns das Spiel sogar einen Ersatzspieler.
Das hat uns nicht gefallen:
Warum nur? Es ist doch alles super, oder? Nach Anpfiff unserer ersten Partie beginnt dann das Elend: die Kommentatoren nehmen leider ihre Arbeit auf. Wieder mal kämpfen unsere Ohren mit merkwürdigen und schlecht getimten Sprüchen von den beiden Sprechern Frank „Buschi“ Buschmann und Manfred „Manni“ Breuckmann. Gerne werfen die beiden mit Floskeln wie „grandios gehalten, ein Augenschmaus“ um sich, obwohl der Stürmer meilenweit am Tor vorbeischießt. Viel zu oft hört man auch: „Damit nimmt er beim Gegner den Offensivschwung raus“, während ein gegnerischer Verteidiger spektakulär auf der Linie rettet. Mal ein kleiner Auszug aus einer laufenden Partie: „Ich freue mich wie ein Schnitzel“, „Das war ein Satz mit X, das war überhaupt nix“, „Sie haben aber auch gekämpft, bis die Socken qualmen“. Wir hätten da noch so einige Sätze für euch, aber das würde nicht nur unseren Test sprengen, sondern auch an Körperverletzung grenzen. Immerhin steckt Electronic Arts einen gewissen Aufwand in die Kommentierung. Im Deutschen gibt es ungefähr 35.000 Sprachsamples. Warum kommt eigentlich niemand von EA darauf, hin und wieder neue Kommentare zum Download anzubieten, damit man nicht monatelang das Gleiche hören muss?
Die große Innovation sucht man in Fifa 15 immer vergebens. Zwar berechnet die leistungsfähige Ignite-Engine Zweikämpfe in Echtzeit, wodurch besonders Dribbling-Duelle glaubwürdig aussehen, doch noch immer zehrt die Mechanik an der Agilität der Pixelkicker, die sich noch immer schwerfällig und hölzern anfühlen. EA kämpft schon seit einigen Jahren mit dem Feintuning dagegen an und so auch in diesem Jahr. Spielt ihr beispielsweise mit überragenden Kickern wie einem Bale oder Messi, kontrolliert ihr wie nie zuvor im Sprint das Leder ohne Probleme. Doch setzt man bei weniger bekannten Stars den Sprint an, holpert die Pille weiter unappetitlich über den Rasen. So fühlt sich die Kluft zwischen Superstar und Otto-Normal-Kickern mittlerweile an wie Champions League und Kreisklasse.
Fazit:
FIFA 15 kann im Test besonders mit Detailverbesserungen überzeugen. Mehr Stadionatmosphäre, flüssigerer Spielablauf, bessere Ballphysik. EA hat mit dem Feintuning auf Pässe und Torhüter gute Arbeit geleistet, auch wenn es sich unserer Meinung nach wie ein Update zum Vollpreis anfühlt. Denn selbst dieses Jahr gibt es wieder am Runden ein paar Ecken und das sind meist immer die altbekannten Fehler wie, unpassende und ungenaue Kommentare oder der Kraftunterschied zwischen den Spielern. Aber im Ganzen stimmt wieder einmal das Gesamtpaket. Warten wir also ab was das neue PES 2015 zu bieten hat.
Fußball-Fans und FIFA-Anhänger können allerdings wieder zugreifen. Sicherlich wird durch diverse Updates wieder das eine oder andere „Feature“ überarbeitet bzw. verbessert.