Mit dem ersten Watch Dogs-Ableger hat Ubisoft schnell gemerkt, dass sich nicht alles so entwickelt hat, wie man es wollte. Der relativ seelenlose Held des Spiels kam bei den Gamern nicht gut an. Trotzdem entschied sich das Unternehmen, einige Jahre später, Watch Dogs 2 zu veröffentlichen. Wir haben uns den Nachfolger genau angeschaut.
Eine komplett vernetzte Welt. Egal was man macht, sie ist immer und überall mit dem Internet verbunden. Eine Verbundenheit, die immer wieder verspricht nicht die Privatsphäre der Nutzer zu überschreiten. Leere Versprechungen, auf die im Grunde keiner mehr reinfällt. Es ist aber unsere Bequemlichkeit, unsere Gewohnheit, die uns zwingt Teil dieser Welt zu werden. CtOS ist das erste System gewesen, dass eine ganze Stadt vernetzt hat. Eine Einladung für alle Hacker, zu zeigen, wie unsicher dieses System ist.
Nachdem Aiden Pierce ctOS in Chicago lahmgelegt hat, wurde ctOS 2.0 an den Start gebracht. Dieses Mal in San Francisco – die Hochburg der amerikanischen Technologie. Silicon Valley beherbergt die größten Unternehmen in diesem Bereich. Von der gigantischen Suchmaschine, bis hin zum versteckten Waffenunternehmen – das Silicon Valley ist ihre Heimat, ihr Hoheitsgebiet. Mein Name ist Marcus Holloway und ich werde dieses System, das voller Bestechung, Korruption und voll von Lügen ist zum Fall bringen, damit die Menschen endlich wieder anfangen selbstständig zu denken. Mit Deadsec haben Unternehmen wie Blume ihren Meister gefunden. Wir sind Deadsec, wir geben euch alle Informationen. Macht was ihr wollt.
Das hat uns gefallen:
Ubisoft hat sich mit Watch Dogs 2 viel Zeit gelassen und das merkt man ab der ersten Sekunde. Eine große Map, zugegeben mit recht viel Wasser darin, wartet darauf von euch entdeckt zu werden. Unzählige Nebenmissionen, Aktivitäten, Geschäfte und auch viele Hauptmissionen warten darauf von euch entdeckt und gespielt zu werden.
Den düsteren Unterton des ersten Teils hat man schnell fallengelassen und sich auf die farbenfrohe Welt von San Francisco eingelassen. Ubisoft hat dabei aus vergangenen Open World-Titeln gelernt und flutet zum Start des Spiels die Map nicht mit Icons und Möglichkeiten – so sehr, dass man nicht weiß wohin. Es fängt „langsam“ an. Marcus, der nie alleine unterwegs ist, was eine echt willkommene Abwechslung ist, im Gegensatz zum ersten Watch Dogs-Teil, schaltet diverse Nebenquests, von denen es reichlich gibt, und Aktionen erst nach und nach frei.
Durch die schiere Größe von Watch Dogs 2 und ein sehr cleveres Missionsdesign, kommt es dabei fast nie zum Backtracking. Selten muss man einen Ort zwei Mal besuchen und falls doch, dann in der richtigen Kampagne und aus zumindest teilweise glaubhaften Gründen. Dabei fühlt sich die Welt von Watch Dogs 2 weniger generisch an als der erste Teil. In der Stadt selbst ist oft nur sehr wenig los, doch sobald man etwas zu Fuß unterwegs ist, beginnt die Welt von Watch Dogs 2 zu leben.
Anders als bei anderen Genre-Vertretern oder im direkten Vergleich mit Teil eins, könnt ihr in Watch Dogs 2 direkt die komplette Karte befahren und entdecken. Gründe zum Entdecken gibt es dabei viele. Wer beispielsweise mehr Musik möchte, kann sie im Laufe des Spiels bei bestimmten Gelegenheiten freischalten. Für jede Menge Spaß sorgen Rennen und anderen Aktionen, mit denen sich Marcus die Zeit vertreiben kann.
Denn Marcus ist, trotz der Tatsache, dass er ein Nerd ist, alles andere als unsportlich. Ubisoft hat sich für das Gameplay die besten Elemente verschiedener Ubisoft-Titel geliehen. Das Parkour-Element, das Marcus in die Franchise einbringt, ist deutlich von Assassin’s Creed inspiriert, was man schon an der Tatsache merkt, dass man dafür den rechten Trigger gedrückt halten muss, und schon fängt Marcus an zu springen als gäbe es kein Morgen.
Ebenfalls verbessert ist die Hacking-Fähigkeit. Sie bietet jetzt so sehr viel mehr Möglichkeiten, als noch im ersten Teil. Marcus macht sich die Tatsache einer komplett vernetzten Stadt mehr Nutze als Aiden Pierce. Gabelstapler, Autos, Motorräder, Kräne oder Hebebühnen – mit einem kleinen Befehl seines Smartphones tanzen sie nach seiner Pfeife.
Das sorgt dafür, dass Watch Dogs 2 ganz unterschiedliche Wege bietet um eine Mission anzugehen. Marcus kann sich sehr stealthy durch seine Umgebung bewegen, von einer Deckung zur nächsten huschen, dabei seinen ferngesteuerten Drohnen verwenden, um entweder direkt die ganze Mission so anzugehen, dass er gar keinen Fuß in das eigentliche Missionsgebiet setzen muss, oder es ausgiebig auskundschaftet und die Feinde ablenkt bzw. schon etwas dezimiert. Watch Dogs 2 bietet euch immer mehr als eine Möglichkeit eine Mission zu erledigen.
Marcus steht dabei ein großer Skill-Tree zur Auswahl, dessen Inhalt er mit Forschungspunkte freischalten kann und somit noch mehr Möglichkeiten bekommt, besser mit der Stadt und seinen Gadgets zu interagieren. Forschungspunkte wiederrum generiert man mit Followern, die man für die Deadsec-App benötigt, um seinen Feinden in den Hintern zu treten – zumindest in der Kampagne.
Hacking gehört natürlich zum „guten Ton“, weshalb sich Ubisoft für selbiges einige Minispiele, bzw. Logikspiele ausgedacht hat. Diese werden oft mit euren Drohnen und Fähigkeiten kombiniert, was sehr oft dazu führt, dass man tatsächlich seine eingerosteten grauen Zellen nutzen muss.
Kommen wir zum ewig Wichtigen: der Grafik. Grafisch muss sich Watch Dogs 2 nicht vor der Konkurrenz verstecken. Es ist natürlich deutlich bunter als der erste Teil und sieht im Regen nicht ganz so gut aus, wie sein Vorgänger, ist aber trotzdem wunderschön anzuschauen. Viele kleine Details, die man nur dann entdeckt, wenn man zu Fuß unterwegs ist, zeigen die Liebe zum Detail. Ein Pärchen, dass den Abend zusammen ausklingen lässt – sie ihre Beine über seine gelegt, erzählend und genießend. Das ist wirklich schön anzuschauen und sorgt für ein kleines Grinsen am Rande.
Der Soundtrack ist aber das Herzstück von Watch Dogs 2. So viele Songs, aus fast allen Richtungen, können ausgesucht und in einer virtuellen Playlist zusammengestellt werden. Zudem kommt die gute Synchronisation hinzu, die sehr oft einfach perfekt klingt. Natürlich sind die Lippenbewegungen auf das englische Original ausgelegt, was man auch sehen kann.
Den Multiplayer konnten wir zum Zeitpunkt des Testes nicht wirklich ausprobieren, da es hier einige Probleme gab. Koop haben wir aber schon einiges an Chaos ausrichten können und das hat wirklich sehr viel Spaß gemacht.
Das hat uns nicht gefallen:
Watch Dogs 2 nimmt sich kaum selbst ernst – was natürlich nicht schlecht ist. Zeitgleich versucht Ubisoft aber ein ernstes Anliegen glaubhaft zu erzählen: private Sicherheit. Dabei sind die Charaktere allerdings derart überzeichnet und zum Teil auch naiv, dass die Botschaft oft verloren geht.
Einfallslos war leider die Geschichte zu Watch Dogs 2. Das Motto „Hack the World“ gab es bereits mit im Jahre 1995 mit Hackers und genau da hat sich Ubisoft wohl auch die meiste Inspiration geholt. Auch die Geschwindigkeit der Story, gerade zu Beginn ist sehr unvorteilhaft. Warum Deadsec Marcus haben wollte ist klar, da er sehr fähig ist. Aber die „Rekrutierung“ ist derart schnell runtergerasselt und unglaubwürdig erzählt, dass man sich einfach an den Kopf fassen muss. Kaum ist Marcus Teil von Deadsec ist es auch eine große, fröhliche Familie.
Neu in Watch Dogs 2 sind die Möglichkeiten Waffen aller Art nutzen zu können. Vom Scharfschützengewähr bis zum Granatwerfer ist alles dabei und genau das ist ein Problem. Deadsec verkauft sich als die Guten, als eine Art Robin Hood der Moderne, was sie aber bei Weitem nicht sind. Marcus muss tatsächlich keine Waffen nutzen, zumindest keine tödlichen, doch zwingt euch Watch Dogs 2 irgendwann dazu „richtige“ Waffen einzusetzen.
Gepaart mit der Fähigkeit sich vorher einen Mini-Lebenslauf der Gegner ansehen zu können, fühlt es sich noch „falscher“ an auf Polizisten, FBI-Agenten und Sicherheitsleute zu schießen. Damit zeigt Deadsec sofort, dass sie im Grunde nicht die Guten sind. Sie nutzen tödliche Gewalt um ihre Ziele zu erreichen und nur das scheint wichtig. Es hätte mehr Möglichkeiten geben müssen seine Gegner zu betäuben oder dauerhaft KO zu setzen. Ansonsten ist man schnell gezwungen auf einen Familienvater oder eine Mutter zu schießen, nur um eine Mission abzuschließen, die sich am Ende als total unwichtig herausstellt. Zumindest bei uns hat es ein unschönes Gefühl hinterlassen auf Frauen zu schießen, auf Polizisten und Agenten, nur damit am Ende Vergehen an der Privatsphäre aufgedeckt werden.
Abseits dessen war der nahtlose Multiplayer zum Release noch sehr Fehlerhaft, weshalb wir diese nicht in unsere Wertung einfließen lassen werden.
Fazit:
Watch Dogs 2 macht Spaß, ohne Frage. Eine Welt voller Möglichkeiten, wie es sich in dieser Form noch in keinem Open World-Titel gab. Die Fähigkeit wirklich fast alles zu hacken ist verführerisch und macht tatsächlich Spaß. Kombiniert mit einer schönen Grafik und einen wirklich gelungenen Soundtrack sorgt Watch Dogs 2 für viele Stunden Spielspaß.
Die Story von Watch Dogs 2 ist aber sehr generisch und zu einigen Teilen unglaubwürdig und auch langweilig. Während einige Zwischenmissionen echt schön inszeniert und auch erzählt sind, ist der rote Faden, der eben diese Missionen zusammenhält, zumeist oft sehr einfallslos gestrickt worden.
Das tut dem Spaß aber nur wenig Abbruch, denn die vielen, wirklich sehr vielen, Nebenmissionen und Aktivitäten sind sehr lange unterhaltsam. Watch Dogs 2 ist deutlich besser als der erste Teil und in diesem Jahr ohne Frage der bisher beste Vertreter des Genres.
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