Anfang des 20. Jahrhunderts war die Welt oft in Dunkelheit gefangen. Krankheiten, wie die Spanische Grippe, haben unzähligen Menschen das Leben gekostet. Nachdem Dr. Jonathan Reid aus dem Krieg zurückgekehrt ist, muss er sich nicht nur diesen Krankheit stellen, sondern auch dem Vampirismus.
Eine Welt gefangen in Dunkelheit. So dunkel, dass selbst Geräusche so fern erscheinen wie die Ewigkeit. Erwacht inmitten von Tod und Verderben beginnt ein neues Leben – neu, unbeholfen und voller Hunger.
Erste Schritte fallen schwer, sind anstrengend und schwächend. Der Geruch von Blut liegt schwer in der Luft und treibt das neue Leben an – zieht es zu anderem Leben, um es zu beenden. Um neues Blut aufzunehmen, um selbst zu einem Teil dieser neuen Realität zu werden.
Realität die nun schmerzhaft auf seiner Brust ruht, jeder Schritt, jeder Biss erinnert ihn an das was er geworden ist, was er getan hat. Doch das Leben geht weiter, findet neue Bahnen zu existieren – Bahnen denen er folgen muss, um das Leben vieler zu retten.
Das hat uns gefallen:
Entwickler Dontnod hat durch Spiele wie Life is Strange bewiesen, dass sie sich sehr wohl darauf verstehen eine gute Geschichte zu erzählen. Vampyr ist da keine Ausnahme. Die Herangehensweise ist aber eine gänzlich andere. Dr. Jonathan Reid ist ein neuer Ekon, ein frisch verwandelter Vampir. Unwissend was ihn erwartet, welche Kräfte er hat und warum er verwandelt worden ist. Zeitgleich bleibt sein Verstand der eines Arztes, weshalb er diese Dinge mit einem wissenschaftlichen Ansatz verfolgt.
Die Tatsache, dass er ein Vampir ist, hat ihn aber nicht seiner Emotionen, seiner Vorstellungen von Moral und Ethik beraubt. Ein Ansatz den Dontnod vollends willkommen heißt. In Vampyr müsst ihr zu keiner Zeit einen Menschen töten. Erfahrungspunkte erhaltet ihr auch nach Abschluss von Aufgaben, um euch neue Fähigkeiten anzueignen. Auch wenn dieser Weg ein wenig länger dauert. Jeder Stadtteil von London ist auch mit einigen NPCs gefüllt, die ihr je nach Bannstufe in euren Bann ziehen könnt. Ihr erhaltet durch das Aussaugen zusätzliche Erfahrungspunkte um eure Fähigkeiten auszubauen. Jedes Leben das ihr nehmt, hat direkten Einfluss auf die Leute im Stadtviertel und das Viertel selbst.
Menschen, die auf den ersten Blick böse ercheinen, haben eine Geschichte. Ihr könnt diese Geschichten aufdecken, erhaltet dafür zusätzliche Erfahrungspunkte und lernt was diese Menschen antreibt, warum sie tun was sie tun. Vampyr zeigt, dass die Welt nicht nur schwarz und weiß ist, sondern aus so vielen Grautönen besteht, dass es nicht immer nur Gut und Böse gibt – sondern auch verschwommene Grenzen. Gleich dem Nebel der durch die Stadt wabert.
Beim Gameplay hat Dontnod mehr auf Dialog gesetzt, gerade in der Interaktion mit anderen NPCs. Dies bedeutet aber nicht, dass ihr nicht kämpfen müsst. Gerade Vampirjäger und Skals – eine niedere Form von Vampiren, die rein nach Instinkt handeln – werden eure Wege kreuzen. Habt dabei immer einen Blick auf eure aktuelle Stufe, denn manchmal werdet ihr, solltet ihr zu schwach sein, durch einen Schlag „getötet“. In diesem Fall greift die von Dontnod geschaffene Zwickmühle einmal mehr. Kümmert ihr euch um andere Aufgaben oder nehmt ihr das Leben eines NPCs, um einen Kampf leichter bestreiten zu können?
Abseits der Story und der moralischen Zwickmühle hat Dontnod mit Vampyr ein Spiel geschaffen, welches vor allem auf Atmosphäre setzt. Grafik als auch Sound sorgen dafür, dass die Welt von Vampyr dunkel aber zeitgleich wunderschön ist. Nebelschwaden ziehen durch London, werden durch Regen weggespült, um anschließend wieder durch enge Straßen und Gassen zu wabern. Grafisch muss sich Vampyr bei weitem nicht verstecken.
Für Fans von Vampiren und der englischen Sprache, ist Vampir ein kleiner Hauptgewinn. Sprachmuffel müssen sich leider mit Untertiteln begnügen, da es keine deutsche Sprachausgabe gibt. Die musikalische Untermalung ist ebenfalls perfekt auf die Atmosphäre abgestimmt und ist angenehm im Hintergrund zu hören; nie zu laut oder nervtötend.
Das hat uns nicht gefallen:
Auch Vampyr ist nicht frei von Fehlern, leider. Die Eingangs erwähnte moralische Zwickmühle ist leider auch eine der größten Nachteile des Spiels. Wer gehofft hat sich ähnlich zu verhalten, wie beispielsweise in Vampire: The Masquerade – Bloodlines, wird herbe enttäuscht sein. Jedes genommene Leben wirkt sich drastisch auf die Gesundheit eines Stadtteils aus. Wer also nicht ständig in die Hände der Feinde laufen möchte, wird gezwungen ein liebevoller Vampir zu sein.
Durch den, mehr oder weniger, Zwang gut zu sein, wird leider unnötig Druck aufgebaut. Dabei gäbe der Titel es durchaus her auch einfach mal die sprichwörtliche Sau raus zu lassen. Schade, dass wir hier als Spieler nicht mehr Möglichkeiten bekommen haben. Die NPCs sind einfach zu selten gesät, wenngleich sie auch von Hand erstellt sind und jeder eine eigene Geschichte hat.
Schade ist auch, dass sich Dr. Reid nicht einfach von den Vampirjägern ernähren kann. Diese können nicht hinterrücks einfach ausgesaugt werden. Wenn sie euch sehen kommt es zum Kampf. Im Kampf könnt ihr sie zwar beißen, aber nur um ihnen etwas Blut für eure Gesundheit abzuziehen. Vampirjäger sind aber keine Übermenschen, sondern einfache Leute. Etwas mehr Stealth-Einlagen, mit der Möglichkeit Erfahrungspunkte durch einen solchen Biss (zum Tod) zu generieren, wären einfach angenehmer und würden ein belohnenderes Gefühl verursachen.
Abseits dessen gibt es vereinzelnde Bugs, die ich erleben durfte. So kam es vor, dass Dr. Reid unverwundbar war aber auch keine Feinde mehr anvisieren konnte. Feinde und NPCs verharren bisweilen gerne in der T-Position, bis sie angesprochen oder angegriffen werden.
Fazit:
Vampyr macht Spaß aber ist ein zweischneidiges Schwert, dass Moral vermitteln möchte und sich damit selbst ausbremst. Wer wollte nicht schon immer ein Vampir sein, und dabei die Sau rauslassen? Hier bremst uns Vampyr sehr stark. Allerdings ist es damit bei weitem kein schlechtes Spiel. Ich hatte durchaus Spaß.
Die Geschichte von Dr. Reid zu erleben macht Spaß. Seine ungewöhnliche Reise motiviert immer weiterspielen zu wollen. Die eigenen Entscheidungen wirken sich dabei auf ganze Stadteile aus, auch wenn sie zunächst gut gemeint sind, kann es sich ganz anders entwickeln als erwartet.
Zudem ist Vampyr in puncto Atmosphäre einfach unglaublich gut gelungen. Wir hoffen, dass Dontnod noch etwas nachlegen wird, mit Patches und einigen Erweiterungen, die die Welt von Vampyr noch interessanter machen.
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