Das wohlige Gefühl, zu etwas zurückzukehren das man eine lange Zeit vermisst hat, kennt wohl jeder. In diesem Fall ist es die Rückkehr in das Cockpit eines Raumjägers und der intensive Raumkampf wie ihn einst X-Wing, TIE Fighter und seine Nachfolger lieferten. Lange, viel zu lange, war es still um einen Nachfolger dieser Spielereihe.
Doch nun hat Motive Studios unter der Publisher-Schirmherrschaft von EA sich ein Herz gefasst, um das der Spieler hoffentlich gleich zu gewinnen, und liefert mit Star Wars: Squadrons einen Nachfolger – zumindest im Geiste. Dass der Geist der Zeit an einem neuen Teil oder einer Neuinterpretation nicht spurlos vorbei geht liegt auf der Hand. Doch ob Änderungen und Neuerungen sinnvoll sind und das Spiel in neue Regionen erheben oder den Spaß in endlose Abgründe stürzen, wollten wir selbst herausfinden.
Das hat uns gefallen
Zugegeben, ich bin nostalgisch verklärt und als „Urgestein“ der Spielerschaft der X-Wing Serie recht voreingenommen – aber auch sehr kritisch. X-Wing war 1993 der Grund für mich, endlich meinen eigenen PC aufzurüsten, da ich es nicht erwarten konnte, endlich selbst zu fliegen! Ein kleiner Live-Changer und bis heute, dank der Joystick Steuerung, der Grund dafür, dass ich alles mit invertierter Y-Achse spielen muss. Bis heute liegen die Handbücher, allen voran „die Akte Farlander“ wohl verwahrt im Regal. X-Wing vs TIE Fighter eröffnete 1997 die Faszination der Mehrspielergefechte und den Spaß an Clans – oder Squadrons in diesem Fall. Viele Nächte wurden um die Ohren geschlagen (da dort der Ping zumindest erträglich war). X-Wing Alliance wird, auch dank aktiver MoD-Community, bis heute immer wieder ausgepackt… To make a long story short: Mit dem Raumkampf im Star Wars Universum verbinde ich eine Menge, vor allem sehr guter Erinnerungen. Also fieberte ich dem Erscheinen von Squadrons sehr entgegen.
Also, Zeit für die erste gute Nachricht: Das Warten hat sich gelohnt! Ob Neuling im Cockpit sowohl Imperialer als auch Neu Republikanischer Jäger oder Veteran hinter dem Steuerknüppel, jeden erwartet ein sehr wirklich gelungener Titel. Das beginnt mit dem offensichtlichen, der Grafik. So nah fühlte man sich noch keinem Sternzerstörer, wenn man im Höchsttempo unter seine schimmernden Schilde gleitet um vereinzelte Geschütze auszuschalten. Überraschend bunt gerät das Ganze – zumindest, wenn man anderes gewohnt war. Aber die Stimmung ist mehr als mitreißend. Wenn man in rotgefärbten Wolken des Sonnenuntergangs feindliche Abfangjäger in Stücke schießt kann man sich schwer sattsehen. Apropos Sehen: Gewöhnt euch an die hervorragend dargestellten Cockpits eurer Schiffe. Diese sehen nicht nur sehr originalgetreu aus, sondern liefern euch alle nötigen Informationen durch diverse Displays und Armaturen. Wollt ihr die Immersion und das simple Gefühl des Dabeiseins verstärken (vielleicht sogar im gebotenen VR?), lernt ihr am besten diese auch zu nutzen und in den Optionen einige, vielleicht sogar alle, Head-Up-Displays zu deaktivieren die euch das Spiel sonst auf den Bildschirm wirft. Die Masse an Pfeilen und Hinweisen ist schon störend zu bewerten und nimmt, was noch schlimmer ist, sehr viel der Atmosphäre. Weniger ist hier mehr und es ist super, dass diese Möglichkeit besteht.
Keine Kritik muss sich der Sound gefallen lassen. Jeder erkennt, auch ohne Blick auf den Bildschirm, dass hier gerade jemand im Star Wars Universum unterwegs ist. Das Schreien eines TIEs ist nun mal unverwechselbar. Auch der Rest der Akustik tut sein Möglichstes euch ins Geschehen zu transportieren. Musik und Sprachausgabe sind ebenfalls hervorragend. Gerade die Sprecher liefern grandiose Arbeit ab, nicht nur im Gefecht wo sie euch neben dem normalen Geschnatter Anweisungen oder Hinweise geben, sondern auch als Elemente der Story. Was und zum nächsten Punkt bringt.
Squadrons kommt mit einer ausgewachsenen, wenn auch nicht unbedingt sehr umfangreichen Kampagne daher. Eigentlich eher zwei, aufteilt in 14 Missionen in denen ihr das Geschehen aus der Perspektive eines Imperialen oder eines Piloten der neuen Republik – geboren aus der Rebellion – erlebt. Einige Jahre nach Palpatines Tod befinden sich beide Seiten noch immer im Krieg. Die Story wird abwechslungsreich durch ihre Missionen erzählt und führt euch auf beiden Seiten in spannende Gefechte. Ihr legt Hand an verschiedene Jäger, nutzt ihre jeweiligen Stärken und zerbröselt eine Unmenge an Metall ins All. Keine Spoiler hier, denn die Geschichte ist ein Durchspielen allemal wert und atmet auch hier den Geist der Vorlage. Ohne, das sei eingestanden, deren Größe in Ausmaß und Möglichkeiten zu erreichen.
Wer komplett neu im Cockpit ist oder ein wenig Raumkampf Atmosphäre in Battlefront schnuppern konnte, könnte ziemlich überrascht sein wie komplex das Managen des Schiffs ausfällt. Simples hinterher-und-draufhalten wirkt hier nicht. Verschiedene Systeme wollen abgestimmt werden, will man nicht mitten im Angriff ohne ausreichend Energie für seine Laser dastehen oder auf der Flucht nicht aus dem Puschen kommt, da der Antrieb auf minimaler Energie läuft. Auch wollen die Schilde versorgt und geschickt eingesetzt werden. Niemand nutzt ein gut geschütztes Heck, wenn man „Für den Imperator!“ schreiend auf den Republik-Kreuzer zuhält. Kenner finden sich sofort zurecht, vermissen möglicherweise sogar einiges an Möglichkeiten. Ausgleich bieten hier diverse zur Wahl stehende Bauteile eurer Schiffe. So habt ihr oft die Wahl zwischen diversen Antrieben, Waffen oder Gegenmaßnahmen.
In den verfügbaren Multiplayer Scharmützeln werft ihr euch im simplen VS Modus der gegnerischen Fraktion entgegen, oder kämpft in Flottenkämpfen gegen feindliche Großkampfschiffe. Hier mischt dann, im Gegensatz zum reinen VS Modus, auch die KI mit. So ergeben sich größere Schlachten mit großartigem Star Wars Charakter. Wenn sich das Team hier abspricht und taktisch spielt, ergeben sich tolle Momente. Dazu das Übliche an Rangaufstiegen und freischaltbaren optischen Anpassungen… und das war es leider auch schon. Hier mangelt es dem Spiel leider an Umfang und Möglichkeiten. Ein Missions-Editor und die Möglichkeit zum kooperativen Spiel wären hier Goldstaub!
Vorgeschädigte… bzw. Kenner der Materie werden während der Missionen und auch nebenbei immer wieder auf bekannte Charaktere aus Film und Buch treffen und in den Gesprächen, die man optional mit der Crew führen kann, eine immense Anzahl an Anspielungen und Erwähnungen erleben. Ich musste immer wieder breit Grinsen und konnte nicht widerstehen, manchen Verweis nachzuschlagen. Mein Favorit bleibt der vorgegebene aber änderbare Name meines Republik Charakters: Keyan Farlander. Hauptfigur des ersten X-Wing. Ein weiteres, kleines Verbeugen vor der großen Vorlage und toller Fanservice. Das setzt sich in den diversen Freischaltungen im Spiel fort, die ihr durch verschiedene Aktivitäten erreicht. Alles Ingame erspielbar, keine Spur von Microtransactions – großartig! Da es sich aber nur um einige optische Anpassungen eurer Ausrüstung handelt, spielt dieses Element eine ohnehin untergeordnete Rolle.
Die voll anpassungsfähige Steuerung lässt euch mit jedem Eingabegerät arbeiten, auch wenn ich den Controller der Maus-Tastatur Variante klar bevorzuge. Wer kann, greift zu Joystick oder gar Hotas. Kombiniert die Eingabe eurer Wahl mit einem angepassten, abgespeckten HUD (raus mit allem was nicht nötig ist) und stürzt euch ins Gefecht, Pilot!
Das hat uns nicht gefallen
Aber nicht alles ist Gold-Staffel was glänzt. Wie im oberen Abschnitt erwähnt hat auch dieser Titel seine… dunkle Seite. Vor allem der Umfang dürfte größer sein – gerade, weil Squadrons sonst so gut ist! Man möchte einfach mehr und erreicht das Ende der Fahnenstange viel zu schnell. Wer kein Fan von Collectibles und optischen Freischaltungen ist, sieht das Ende seiner Pilotenkarriere vielleicht sogar noch früher. Hier kann man nur auf Nachschub durch starke Patches (höchst unwahrscheinlich) oder ein Add-on hoffen. Auch ein Nachfolger wäre von mir – wieder mal! – heiß erwartet. Sollte sich Squadrons als finanzieller Erfolg erweisen… wer weiß?! Möge die Macht mit den Verkaufszahlen sein.
Einen faden Beigeschmack hinterließ anfangs vor allem das HUD. Was einem hier vor den Latz geknallt wird war für mich, ganz persönlich, sehr abschreckend. „Arcadig“ schoss es mir in den Kopf. Fette Pfeile am Bildschirmrand wiesen mir den Weg, ein grellgrünes, unübersehbares Reparatur Symbol prangerte am Sternenhimmel und lud mich ein, es zu ignorieren. Was nicht ging, da der Vorgang relevant war, um in der Story voran zu kommen. Eines der Beispiele dafür, nach Eingewöhnung an das Was-Wo-Wie Anpassungen vorzunehmen. Sicher wollte man hier neue Spieler ein wenig an die Hand nehmen und hat es ein wenig übertrieben. Nochmal: Weniger ist hier mehr und verstärkt das Gefühl und damit den Spaß immens!
Fazit
Nostalgische Verklärung hin oder her: Star Wars Squadrons macht eine Menge richtig und ist ein absolut gern gesehenes Mitglied in der Star Wars Spiele-Familie – vor allem bei dem günstigen Preis. Selbst wenn man sich für den Mehrspieler Part gar nicht begeistern kann und nur die Story erleben möchte. Ich jedenfalls fühle mich wie zu Hause und stürze mich schnell wieder ins Gefecht. Elende Rebellen… Neu Republikaner zerbröseln!