Als Bioware, damals noch Xbox-exklusiv, den ersten Mass Effect-Teil veröffentlichte, war die Gamerwelt fast geschlossen begeistert. Endlich durfte man fremde Welten entdecken und eine spannende Geschichte erleben, die dann mit Mass Effect 3 endete. 2017 hat Bioware Mass Effect Andromeda veröffentlicht. Ein Spiel, auf das viele Fans schauen und das eine hartes Erbe antreten wird. Wir haben in diesem Test einen ganz genauen Blick auf unsere Nachbargalaxie geworfen.
Menschen. Schon immer eine Spezies der Gegensätze. Neben Gewalt und Kreativität treibt uns vor allem eine Macht an: Neugier. Die Neugier nach dem Unbekannten, nach neuem Wissen, Erfahrungen und Erlebnissen. Diese Neugier hat uns zu den Sternen getrieben, hat uns das Massen Portal finden lassen und die Artefakte der Proteaner auf dem Mars. Diese Eigenschaft hat uns die Milchstraße eröffnet und ihre Schönheit. Mit diesem Wissen haben wir gelernt, dass wir nicht alleine im Universum sind, dass es viele andere Spezies gibt, so unterschiedlich wie man es sich nur vorstellen kann.
Trotzdem – die Neugier war nicht befriedigt. Die Forschung machte neue Entdeckungen und letztlich war die Milchstraße „erkundet“. Jetzt kommt der nächste Schritt. Der Griff nach den Sternen erstreckt sich bis nach Andromeda. Eine Initiative wurde ins Leben gerufen, die nicht nur die Menschen, sondern alle Völker der Milchstraße, darunter Asari, Kroganer und Salarianer, die an diesem Schritt interessiert waren einte und in ein neues Abenteuer stürzte.
Die menschliche Arche, ein gewaltiges Schiff, trägt den Namen Hyperion und schickt tausende Menschen auf eine 600 Jahre währende Reise in die Andromeda-Galaxie. Angekommen in der neuen „Welt“ ist aber alles anders als gedacht. Die goldenen Welten sind verschwunden, dafür hat ein Phänomen gesorgt, dass wir kurze Zeit später als die Geißel kennen werden. Nur einer kann jetzt helfen das Überleben der Besatzung zu sicher: der Pathfinder.
Das hat uns gefallen:
Beginnen wir mit dem, was jedes Mass Effect-Spiel bis dato ausgemacht hat: dem Gameplay. Mass Effect Andromeda hat die DNA der ersten Teilen der Reihe in sich aufgenommen und dem heutigen Zeitgeist angepasst. Mass Effect Andromeda ist deutlich action-orientierter als die Vorgänger, ohne dabei die wesentlichen Faktoren der Franchise zu vergessen.
Noch immer geht es um Entdeckung, Konversation und Erkundung. Das Ganze wurde dann noch mit der heutigen Technologie aufgefrischt und verbessert. Beispielsweise ist der Pathfinder nun in der Lage zu springen, mit Hilfe eines Jump-Packs. Was zu Beginn etwas fremd wirkt, geht derart schnell in Fleisch und Blut über, dass man selten bis gar nicht klettert, sondern direkt den Sprung wagt. Da der Pathfinder eine direkte Verbindung mit der KI namens SAM eingeht, ermöglicht es ihn auf verschiedene Profile zurückzugreifen, die alle unterschiedliche Fähigkeiten ins Spiel bringen. Ob Soldat, Biotik-Spezialist oder eine Mischung aus allem. Wechselt einfach das Profil und schon habt ihr die Möglichkeit jeden Kampf nach euren Wünschen zu gestalten.
Jedes Profil bietet euch die Möglichkeit drei verschiedene Fähigkeiten zu nutzen, die ihr aktiv im Kampf nutzen könnt. Mass Effect Andromeda setzt auf einen pausenlosen Kampf. Das heißt, dass für eine Fähigkeit nicht erst das Spiel „angehalten“ und ein Feind anvisiert muss, sondern das Ryder direkt seine Feinde aufs Korn nimmt. Als Pathfinder habt ihr zudem nicht die typischen Limitierungen eurer Begleiter. Ihr könnt euch jedes Gebiet: Biotik, Soldat oder Technik aussuchen und eure Fähigkeiten von dort wählen.
Der größte Faktor von Mass Effect Andromeda ist aber die Entdeckung und die Erkundung neuer Planeten. Hier punktet das Spiel auf ganze Länge. Der Helus-Cluster, ein eher „kleiner“ Teil der Andromeda-Galaxie bietet eine Vielzahl von Planeten. Nicht jeder davon ist für die Besiedlung geeignet, da sie entweder Gasriesen sind, zu nah oder zu weit entfernt von ihrer Sonne oder einfach unwirtlich sind. Setzt der Pathfinder allerdings Fuß auf einen Planeten, dann mit einem Ziel im Hintergrund: neue Heimatwelten finden und sie für Menschen urbar zu machen. Dabei hilft euch ein Fahrzeug, dass der junge Bruder des Makos sein könnte: der Nomad. Ein Fahrzeug, dass allein für Erkundung ausgelegt ist, damit nicht über Bewaffnung oder eine nennenswerte Panzerung verfügt. Das Fahrzeug hilft euch bei genau zwei Dingen: große Strecken zurückzulegen, zu Zielen, an denen ihr einen Schnellreisepunkt erstellen könnt und zum Abbau von Mineralien, die ihr in eure Forschung und Entwicklung stecken könnt.
Forschung und Entwicklung sind wichtige Bestandteile von Mass Effect Andromeda. Mit Mineralien, die ihr auf verschiedenen Planeten findet, könnt ihr neue Panzerungen, Waffen und Upgrades für den Nomad und eure Bewaffnung und mehr erstellen. Einfach loslegen ist hier allerdings nicht möglich. Es gibt drei unterschiedliche Forschungsgebiete, die alle mit Forschungspunkten nutzbar gemacht werden können. Technologie aus der Milchstraße, aus der Andromeda-Galaxie und von den dort anzufindenden Relikten. Jedes dieser drei Gebiete hat Forschungspunkte, die ihr aufladen könnt, in dem ihr mit dem Scanner verschiedene Spezies, Technik oder Artefakte scannt. So könnt ihr nach und nach mächtigere Waffen, Panzerungen und Hilfereiche Gadgets erforschen und herstellen.
Ebenfalls neu in Mass Effect Andromeda, im Gegensatz zu den Vorgängern ist, dass es kein einfaches „gut oder böse“-System gibt. Es ist unterteilt in verschiedene Bereiche, von denen ihr wählen könnt. Ryder kann beispielsweise eine Entscheidung rein aus Professionalität wählen oder als Herzensangelegenheit. Es gibt also keine Anzeige mehr, die euch zeigt wie gut oder böse ihr seid. Aber eure Entscheidungen, sofern ihr sie trefft, haben Auswirkungen auf andere Charaktere des Helus-Clusters.
Kommen wir zum nächsten Punkt, der beweist, dass Bioware nicht vergessen hat, wie man Mass Effect-Spiele macht: dem Sound. Schon immer eines der Vorzeigeelemente der Reihe, hat auch Andromeda einen echt gelungen Soundtrack. Die Sprecher sind Geschmackssache, liefern aber in der Regel einen sehr guten Job ab. Allerdings ist die englische Originalspur wie immer die bessere Wahl.
Auch grafisch muss sich Mass Effect Andromeda nicht verstecken. Sicher, es gibt noch einige Bugs, dazu später mehr, doch die so unterschiedlichen Welten, wie Eisplaneten, Dschungel oder Wüste, sind schon ein echter Hingucker. Hinzu kommen verschiedene Effekte, wie die Biotik-Nutzung oder einfache Fußabdrücke im Sand, die das Gesamtbild abrunden.
Das hat uns nicht gefallen:
Obwohl Mass Effect Andromeda wirklich Spaß macht, gibt es wirklich viele Ecken und Kanten, an denen Bioware hätte noch feilen müssen. Von ganz profanen Dingen wie die Landesequenzen der Tempest, die leider nicht abgebrochen werden können, da es nach dem 100sten Mal doch etwas nervig werden kann, oder die Tatsache, dass das Schiff nicht immer sofort vom Planeten abheben sollte, nur weil Ryder an Bord geht, bis hin zu recht gravierenden Problemen.
Grafisch ist das Spiel zwar schön anzuschauen, doch wie gesagt nicht frei von Fehlern. Es kommt viel zu oft vor, dass ein Charakter in seiner Entwicklerposition verharrt, und sich nicht bewegt, während einer Konversation, oder einfach verschwindet. Bei den Animationen kann es mehr als einmal vorkommen, dass sie nicht stimmig sind, oder einfach fehlerhaft. Das ist aber oftmals eher lustig als wirklich „störend“. Allerdings sollte es bei einem Spiel, dass derart hohe Entwicklungskosten mit sich brachte, nicht vorkommen. Grafisch wirkt es oftmals so, als hätte Bioware die Animationen der Vorgänger einfach in die Frostbite-Engine übertragen, also im Grunde nur eine neue Tapete aufgezogen. Gerade im Hinblick auf die Gesichtsanimationen, die von vielen Fans als Negativpunkt genannt wird. Es scheint so, als wäre die Unreal Engine deutlich besser in der Lage Emotionen auszudrücken, als die Frostbite Engine von DICE.
Eingefleischte Mass Effect-Gamer dürfte aber noch sehr viel mehr stören und negativ auffallen: Angekommen in der Andromeda-Galaxie stellt sich schnell heraus wer Freund und wer Feind ist. Aber selbst wenn der Helus-Cluster nur ein kleiner Teil der Galaxie ist, sollte es doch deutlich mehr Rassen geben als die Angaraner. Dabei ist fast noch schlimmer, dass sie viel zu menschenähnlich sind. Im ersten Teil der Reihe gab es sehr unterschiedliche Spezies, wie die Hanar oder die Elcor, die fast keinerlei humanoide Züge an sich hatten. Es brachte ein einzigartiges Gefühl von Vielfalt mit sich, die es in Mass Effect Andromeda einfach nicht gibt.
Der nächste Punkt dürfte wohl dem Entwicklungsstress oder dem engen Zeitplan zuzuschreiben sein: die verschiedensten Planeten haben viel zu oft die gleiche Tier- und Pflanzenwelt. Sicher, man könnte nun die Theorie aufbringen, dass diese von Raumschiffen anderer Zivilisationen dorthin getragen worden sind, doch als Mass Effect-Fan wirkt diese Theorie einfach nur faul und „energiesparend“. Mass Effect Andromeda fehlt durch diese Entscheidung ein ganz wichtiges Gefühl: das Gefühl etwas Neues entdeckt zu haben. Schnell wird der nächste Planet nur zur nächsten Aufgabe, anstatt zum nächsten Abenteuer und nach der Suche nach unbekannten Dingen.
Der letzte große Punkt betrifft die Charaktere und das Team des Pathfinders, die sich auf der Tempest versammeln. Nur sechs Teammitglieder warten auf euch, darunter nur bekannte Spezies, bis auf eine Ausnahme. Erneut: es scheint als ob Bioware die Motivation oder die Zeit fehlte etwas Neues zu wagen. Zudem fehlt den Charakteren etwas ganz Entscheidendes: Tiefe.
Die menschlichen Begleiter sind leider so interessant wie ein Stück Papier, nur die „Außerirdischen“ tragen dazu bei, dass es noch etwas interessant wird. Allerdings fehlt auch ihnen beispielsweise die Tiefe eines Wrex, einer Tali, einer Ashley oder einer Liara. Sie wirken teilweise sehr generisch und uninspiriert geschrieben.
Fazit:
Mass Effect Andromeda ist bei Weitem kein schlechtes Spiel. Es punktet bei Dingen wie Entdeckung und Quests, von denen es wirklich jede Menge gibt. Es macht Spaß neue Welten zu entdecken, deren Geschichte zu erfahren und mit neuen Charakteren zu sprechen.
Allerdings hat das Erbe, dass Andromeda antritt, gezeigt dass es eben auch besser geht. Die Begleiter des Pathfinders sind bisweilen langweilig und uninspiriert geschrieben, weisen nur in Ausnahmen interessante Stories auf. Zudem fehlt es Mass Effect Andromeda an Biodiversität. Die Aliens sind zu menschenähnlich und es sind zu wenige, viel zu wenige Spezies, die es zu entdecken gilt. Die Story selbst ist keineswegs schlecht aber eben nicht auf einem Level mit den ersten drei Teilen.
Beim Gameplay ist der alte Bioware-Glanz noch zu spüren. Dinge wurden verbessert, modernisiert und angepasst, dass sie in diese neue Welt passen und sinnvoll sind. Als eingefleischter Fan der Reihe möchte ich abschließend sagen, dass Mass Effect Andromeda wirklich Spaß macht und es viel zu sehen und erleben gibt. Es fehlt dem Spiel aber der Zauber der ursprünglichen Trilogie.
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