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Review: FIFA 16 – Frauenpower auf dem virtuellen Rasen

Es klingelt, die Post ist da! Packung öffnen und was bzw. wer ziert das Cover? Lionel Messi! Ist denn schon wieder FIFA-Zeit? Ja – also Spiel in die Konsole, installieren und los geht es mit dem Test!

Die FIFA-Serie der EA-Entwickler ist bekanntlich ein kultureller, aber auch wirtschaftlicher Koloss. Die Spiele bilden nicht nur die Welt des Fußballs Jahr für Jahr authentischer ab, sie dominieren sogar nach Veröffentlichung die Verkaufslisten für Monate und erhalten an jeder Ecke nur positive Kritiken. Wie das geht? Mit viel harter Arbeit und einer Kunst: Der FIFA-Community auch mal zu zuhören.

Das größte Manko in der FIFA-Reihe war die Balance zwischen Angriff und Verteidigung. Denn mit einem starken Angriff kam immer jeder leicht zu Torerfolgen. Andersrum lief es dann mit eurer Verteidigung, mit der ihr euch gegen starke Angriffe kaum wehren konntet. Daher steht diesmal in FIFA 16 weder der Angriff, noch die Verteidigung im Fokus, sondern vielmehr die Angleichung beider aneinander.

Der Frauenfußball ist endlich in FIFA 16 angekommen, so kann nun etwa auch mit der deutschen Damennationalmannschaft angetreten werden. Das diese Ergänzung so lange auf sich warten ließ, hatte hin und wieder zuletzt technische Gründe. Die Technologie für das Skalieren der Körper war nicht anspruchsvoll genug, um die Spielerinnen realistischer aussehen zu lassen. Auch bei zierlicherem Körperbau müssen die Proportionen glaubhaft wirken, von den Bewegungsabläufen ganz zu schweigen. Die Integration von Frauenteams mag von vielen begrüßt werden, wirklich liebevoll umgesetzt wirkt sie nicht. Gerade mal zwölf Nationalteams haben es ins Spiel
geschafft, und die dürfen nur an einem separaten Offline-Turnier oder Online-Freundschaftsspielen teilnehmen. Andere Modi oder gar die Karriere werden nicht einbezogen und es gibt keine Möglichkeit, Frauen- gegen Männerteams antreten zu lassen.

Der beliebte FIFA Ultima Team-Modus, der Spieler wochen- bis monatelang auf die Suche nach Sammelkarten schickte, bekommt jetzt einen kleinen aber unkomplizierten Ableger. Mit FUT-Draft können Spieler ihr Team schneller zusammenstellen und an Turnieren teilnehmen, was vor allem Einsteiger freuen dürfte. Allerdings ist hier das Zufallsprinzip sehr hoch, zudem muss tief ins Münzportemonnaie gegriffen werden um hier schnell Erfolge feiern zu können, was so manchen stören dürfte.

Bei den Kommentatoren gibt es dieses mal eine Neubesetzung. Neben Frank Buschmann kommentiert jetzt der von PES abgeworbene Wolff-Christoph Fuss das Geschehen und die beiden erledigen ihren Job sehr gut. Jetzt gibt es hier deutlich passendere und stimmungsvollere Kommentare zu hören, wobei gelegentliche Plattitüden, Wiederholungen oder die eine oder andere nicht zur Situation passende Aussage natürlich dennoch nicht ausbleibt.

fifa 16 2

Das hat uns gefallen:

Die Verteidigung: Besonders auf den Außenbahnen schalten sich die Verteidiger aktiv in euer Aufbauspiel mit ein und ermöglichen euch zusätzliche Anspielstationen. Das wirkt nicht nur dynamisch, sondern vergrößert auch eure Angriffsvielfalt und sorgt für Überraschungsmomente. Neu hinzu kommt hier die erweiterte Künstliche Intelligenz eurer Mitspieler, sie erkennen mögliche Passwege und stellen diese nun automatisch zu. Die Verteidigung wirkt nicht nur agiler, sondern auch schlauer. Eure Hintermannschaft verschiebt sich gerne auf dem Platz, um mögliche Räume der gegnerischen Angreifer zu schließen. Und endlich können eure Verteidiger auch schnellen Richtungswechseln der Angreifer folgen, ohne sich abhängen zu lassen. Außerdem haben eure Schlussmänner ein neues Bewusstsein für die Deckung im Raum erhalten, dadurch passiert es jetzt deutlich seltener das große Lücken in eurer Abwehr entstehen und euch die Gegner mit nur einem tödlichen Pass aushebeln.

Schluss mit schnellem Tiki-Taka-Flipper-Fußball, denn das Tempo wurde etwas gedrosselt. Dies sorgt dafür, dass das Spiel wieder stärker im Mittelfeld stattfindet und teils auch dort entschieden wird. Beim Angriff sucht man nach der entscheidenden Lücke, lässt den Ball auch erst einmal laufen anstatt stets auf Teufel komm raus den Frontalangriff auf den gegnerischen Kasten zu starten. Wer nach Arcade-Action-Fußball sucht, ist mit FIFA 16 in diesem Jahr schlecht bedient!

Während einer Partie kann man die neue Hilfsfunktion „FIFA-Trainer“ per Knopfdruck aktivieren. Neben dem Kicker schwebt jetzt ein Hilfstext, der zwei in der derzeitigen Situation sinnvolle Eingaben empfiehlt. Trabt man durchs Mittelfeld, werden Passvarianten empfohlen, sprintet man am Flügel entlang gibt’s Flanken-Nachhilfe. Die Hinweise passen sich dem eigenen Spielniveau an, so sollen auch FIFA-Veteranen noch etwas lernen können. Das Tippniveau-Level des Trainers lässt sich manuell einstellen. Wer also keine Nachhilfe möchte, kann den Trainer auch ganz abschalten.

Bei der Präsentation gibt sich FIFA 16 gewohnt keine Blöße. Der neue Titel kann auf der Basis der letzten Jahre aufbauen und vermittelt in jedem Spiel perfekt die Atmosphäre einer Fußball-Übertragung im Fernsehen. Seien es kleine Details, wie Fan-Gesänge, die offiziellen Hymnen und Logos der Ligen oder Choreographien des Publikums, es wirkt einfach alles stimmig. Neu hinzugekommen ist dieses Jahr unter anderem das Freistoß-Spray, das die Schiedsrichter immer bei Freistößen anwenden und auch einige Spielminuten auf dem Rasen sichtbar bleibt. Das Wetter gibt sich dieses mal deutlich abwechslungsreicher, während den Spielen kann es häufiger von trüb zu regnerisch wechseln. Erstmals ist auch Nebel dabei, der die Sicht auf das Spiel leicht trübt. Auch die Soundeffekte der Bälle wurden überarbeitet und klingen nun deutlich realistischer.

Das hat und nicht gefallen:

Die Torhüter verbringen das Kunststück immer noch weiterhin übernatürlich gut zu halten, dabei aber dennoch unsicherer zu wirken. So wird der Ball nun seltener gefangen, deutlich öfter kommt daher die rettende Faust zum Einsatz. Dieses Wegschlagen des Balles kreiert zwar neue Chancen, aber sorgt auch dafür das der 16-Meter-Raum zum ständigen Unruheherd verkommt, vorausgesetzt der Spieler schafft es dorthin. Schüsse aus der Distanz sind nur in den wenigsten Fällen erfolgreich und werden meist direkt vom Schlussmann gefangen.

Die höhere Aggressivität der KI-Mitspieler wirkt sich hin und wieder auch negativ aus. So kam es bei unserem Test des Öfteren zu Eigentoren von der KI-Verteidigung, die übermütig bei Eckbällen den Ball ins eigene Tor beförderten Etwas überzogen scheint auch das neue Flanken-System zu sein, die Bälle fliegen geradezu magisch in den Strafraum Während beim Passen sehr viel Präzision vonnöten ist, passiert beim Flanken nahezu alles von selbst. Das Kopfbälle nicht zu übermächtig sind, ist lediglich dem überarbeiteten Zweikampf-System zu verdanken.

Etwas übertrieben fanden wir dann aber doch noch den neuen FUT-Draft Modus. Eine Runde kostet die Teilnahmegebühr von 15.000 hart erspielten In-Game-Münzen, oder wahlweise 300 FIFA Points, was sich grob übersetzen lässt mit: 2,70 Euro. Damit bleibt die Angst, dass Ultimate Team mehr denn je zu einer Mikrotransaktions-Orgie ausarten könnte. Aktuell bleibt der Modus jedoch das faszinierendste Element des Spiels.

Fazit:

Ein Turnier mit Damenmannschaften, neue Zugänglichkeit beim Ultimate Team, sowie eine deutliche Stärkung der Defensive – Die Neuerungen in FIFA 16 sind eher punktuell als umfassend. In Sachen Authentizität, Umfang, Präsentation, Lizenzen, Ton-Kulisse, Mannschaften und Atmosphäre bleibt sich EA treu. Bis auf einige Verbesserungen wirkt das neue FIFA aber eher wie ein großes Update zum Vorgänger, statt echte Innovationen zu liefern, bringt man wieder einmal ein 60 Euro teures Kader-Update mit geringfügigen spielerischen Verbesserungen auf den Markt.

Mit dem FUT-Draft Modus hat EA einen kurzweiligen Spielmodus mit Suchtpotenzial integriert, den sich der Konzern mit Spielerzeit oder aber mit zusätzlichem Echtgeld gut bezahlen lässt.

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