8 Jahre nach dem ersten Teil beglückt uns id Software dieses Jahr mit dem Nachfolger des Endzeit-Shooters. Mit freundlicher Unterstützung von Avalanche Studios wurde hier kräftig an der Open-World-Schraube gedreht. Der damals eher braun in braun gehaltene Shooter hat mir seiner Zeit durchaus Freude bereitet und ich war gespannt, was mir der zweite Teil so bietet. Ob Rage 2 wohl genauso viel Freude bereitet?
Wie war denn das noch mal?
Aber erst mal ganz von vorn. Für die, die den Vorgänger von Rage 2 nicht kennen – hier ein kurzer Rückblick: Wir schreiben das Jahr 2029, ein Asteroid schlägt auf der Erde ein, Marine-Soldat Nicholas kämpft sich fortan durch ein postapokalyptisches Ödland und buddelt Archen aus, die mit der enthaltenen Technologie der Menschheit das Überleben sichern soll. Soweit so gut. Jetzt, 30 Jahre später, gleicht das Ödland stellenweise kleinen Oasen und sieht eigentlich ganz fresh aus. Die grünen Tupfer sind eine echte Augenweide, im Gegensatz zu der braunen Welt im ersten Teil.
Und auch wenn inzwischen alles etwas netter aussieht, so richtig rund läuft die Sache auf der Erde noch immer nicht. Damit uns neben dem Gebuddel und der Reaktivierung der Archen nicht langweilig wird, terrorisieren ausreichend viele Gangs und militante Gruppen das aufblühende Ödland. Angeführt werden unsere Gegner von „der Obrigkeit“ General Martin Cross. Dieser hat sich einige nette kybernetische Optimierungen verpasst und macht uns gleich zu Beginn im Prolog klar, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen ist. Egal ob als Frau oder Mann – der Neue Held hört auf den Namen Walker und ist Ranger. Den Texas-Joke spare ich mir jetzt mal. Nachdem Walker mit ansehen muss, wie seine, oder auch ihre, Tante Prowley von Cross getötet wird, ist eines auf jeden Fall klar – Rache wird am besten kalt serviert.
Nano, nano!
Zusammen mit gut ausgestattetem Waffenarsenal und Kampfanzug macht Walker sich also auf, der Obrigkeit ordentlich in den Allerwertesten zu treten. Neben den Wummen und dem Anzug kann sich unser Ranger mit insgesamt 11 Spezialfähigkeiten aufrüsten, welche dem Shooter noch mal etwas mehr Action verleihen. Haben wir uns durch das Ödland gemetzelt und die Archen geborgen, können wir die Fähigkeiten mithilfe von Nanotriten freischalten und uns, wie Cross selbst, einige Optimierungen gönnen.
So sind Gegnergruppen dank Druckwelle oder Stampfattacke schnell zu Brei verarbeitet. Wenn wir so richtig schön in Fahrt sind, können wir die sich aufladende Fähigkeit „Overdrive“ nutzen, welche uns mit hübschen Farbeffekten, Geschwindigkeit und Gesundheitsregeneration einen kleinen Rausch beschert. So können wir uns im Turbo-Modus auch durch die letzten Gegner wie ein Berserker durchballern. Meine absolute Lieblingsfähigkeit! Untermalt wird das Ganze mit der passenden etwas mehr aufdrehenden Musik. Leider ging mir die Musik ziemlich schnell auf die Nerven, weshalb ich sie gleich zu Beginn auf 30 Prozent runtergeschraubt habe. Zum Titel passen tut sie dennoch.
Nicht weglaufen, ich wollte Dir gerade so schön wehtun
Diesen und andere Sätze bekommt man immer wieder von den Gegnern um die Ohren gehauen. Auch wenn diese sich oft wiederholen, lockern sie beispielsweise die Rennen die man absolvieren kann durchaus auf. Humor wird auch in den Handelsstädten bewiesen. So steht mal eine Gruppe um einen bewusstlosen Herrn und stupst ihn mit dem Stock an oder zwei NPC`s streiten sich, weil sie das gleiche Outfit tragen. Hier nimmt man sich und die immer gleich aussehenden NPC’s in dem Genre ganz gut selbst auf die Schippe.
Leider passiert Dialog-technisch weitaus weniger als erwartet. Die vier Hauptcharaktere, inkl. General Cross, die uns begegnen reden zwar jeder auf seine Art mal mehr mal weniger mit Witz aber ich hätte mir dennoch eine bessere Inszenierung gewünscht. So stehen diese meist einfach nur an einer Stelle und spulen ihr Band ab. „Hier dein Auftrag, bis später dann, tschau.“ Die Missionen sind nicht sonderlich spannend bieten aber allerhand an nettem action geladenem Geballer. Ist ja schließlich ein Shooter. Außer „Hole dies aus Ort X und bringe es mir, damit ich dir Y gegen den Kampf gegen Dings geben kann. Übrigens fehlt dann noch Teil Z.“ bekommt man aber von den drei Missionsgebern nichts zu tun. Hier haben mir gut inszenierte Sequenzen gefehlt. Tatsächlich konnte bei den Hauptmissionen nur eine Zwischensequenz bei mir Punkten. Ohne zu Spoilern – Cliffhänger zur Hauptmission, natürlich.
Eliminiere dies das jenes
Mit der Überschrift ist eigentlich direkt schon alles gesagt. Denn das ist das einzige was man tut. Unsere drei Auftragsgeber haben, jeder in seiner eigenen Farbe, auf der Karte verschiedene kleine Aufgaben für uns. Und ob man will oder nicht – man muss diese Aufgaben erledigen. Denn tut man dies nicht, schaltet sich die finale Mission nicht frei. So sollte man auf dem Weg zwischen den Aufträgen der drei einfach alles erledigen was auf dem Weg von A nach B liegt. Auch wenn dies vom Ablauf her eher wenig abwechslungsreich ist, so variiert zumindest die Art der Gegner zwischen kybernetischen Mutanten und kybernetischen Terroristen. Mal erobert und öffnet man Strassensperren, kämpft sich durch Banditenlager und mal ballert man sich durch Mutanten-Nester welche einen am Ende jedes Mal mit einem gigantisch grossen Mutanten herausfordern. Auch hier ist der Ablauf immer gleich – Schwachstelle finden und drauf halten. Einziger Unterschied – man erledigt die Biester bei Spielfortschritt mithilfe der Spezialfähigkeiten mal so mal so und bringt so zumindest ein ganz klein wenig Abwechslung in den Fight. Hat man nun das nötigste erledigt, genug Archen geborgen und Fähigkeiten freigeschaltet um die finale Mission starten zu können, ist man auf jeden Fall bestens gerüstet für den Kampf gegen General Cross.
Das hat mir gut gefallen:
Das Tempo der Kämpfe. Auch wenn diese immer gleich sind, so kommt man durchaus mal ins Rudern, wenn man bei Endbossen zusätzlich noch mit Gegnerwellen konfrontiert wird. Die Gangs mit denen man sich so rumschlägt, bieten auf jeden Fall etwas für das Auge. Neben der typischen Ödland-Optik sind die Farbkleckse der Frisuren, mit Graffiti dekorierten Banditenlager und die Fahrstuhlmusikabspielenden Radios ein echter Genuss. Auch wenn hier und da die Grafik hätte etwas schärfer sein können, landschaftlich sieht alles, auch in braun, äußerst ansprechend aus. Getestet habe ich auf einer Xbox One X. Wie sich die Grafik auf einer Xbox One S verhält, kann ich leider nicht sagen. Womit Rage 2 auch punkten konnte, war der völlige Verzicht auf Ladezeiten. Fantastisch!
Das hat mir nicht gefallen:
Leider sind die Missionen und auch die kleineren Aufgaben nicht sehr abwechslungsreich. Mit den Spezialfähigkeiten rusht man dort gegen Ende einfach nur so durch. Die lasche KI der Gegner fordert den Spieler auch bei gehobenem Schwierigkeitsgrad wenig. Oftmals stehen diese in einer Reihe und lassen sich mit einer einfachen Salve aus dem Sturmgewehr niederstrecken. Auch wenn es sich bei Rage 2 um einen Shooter handelt der viel Action bietet und einen geeigneten Soundtrack verdient hat, fand ich die Musik ziemlich nervig. Sowohl in den Rennen als auch in den Kämpfen war sie mir einfach zu laut. Was sicherlich auch an meiner Vorliebe für ein eher anderes Genre lag. Regelt man die Lautstärke runter, geht die Musik aber ok.
Fazit:
Rage 2 ist durchaus ein guter Shooter mit dem man sich gemütlich die Zeit vertreiben kann. Ich habe den Titel ausversehen an einem Tag durchgespielt, auch ganz gemütlich. Widmet man sich aber der ganzen Karte und den kleineren Aufgaben wie Obrigkeitswachtürmen und unentdeckten Orten, kann man sicher viel Zeit im Ödland verbringen. Die Hauptmissionen sind jedoch etwas kurz geraten und die Charaktere Shooter-typisch eher flach. Wer Abwechslung in das Spiel bringen möchte, kann andere zu Rennen herausfordern oder einem der vielen Konvois Paroli bieten. Grafisch wäre meiner Meinung nach auch etwas mehr Luft nach oben gewesen. Die kleinen aufgestellten Scheinwerfer in den Gebäuden und die Leuchten an Treppen haben mich oft ungünstig geblendet. Alles in allem ist Rage 2 aber ein gelungener Titel für Shooter-Fans.
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