Nach dem uns Assassin’s Creed viele Tage durch Ägypten und Griechenland führte, entführt uns der Animus in ein neues Abenteuer ins Valhalla im hohen Norden. In Assassin’s Creed Valhalla erleben wir mit Eivor (einem nordischen Krieger, wahlweise Kriegerin) wie er zu Beginn des Spiels seine Familie verliert und daher nach Rache sinnt. Doch 15 Jahre später schließt ihr euch erstmal eurem Ziehbruder Sigurd auf seiner Reise nach England an, damit er mit euch seinen Größenwahn ausleben kann.
Es war ein ganz normaler Abend. Wir feierten, lachten und bereiteten uns darauf vor, dass sich zwei große Clans zusammenschließen, um einen langen Streit zu beenden. Es war ein Tag der Freude und Zuversicht. Vater war bereit dem neuen Jarl seine Treue zu schwören und ich habe die Aufgabe bekommen, ein Geschenk zu überreichen. Eine Aufgabe, die mir auch Sigurd nicht wegnehmen wird können.
Wie ich später lernen musste, sind solche Momente wahrlich selten und werden schnell von Schrecken überschattet. Als vor Minuten das Lachen vieler die Hallen mit Leben erfüllte, sind es nun die Kampfgeräusche und Schreie, die diesen Tag seine Narben aufzwingen – wie der harte Biss eines Wolfs.
Das hat uns gefallen:
Ubisoft hat auf die Stärken der letzten beiden Teile deutlich aufgebaut und sich erneut einem komplett anderen Setting zugewendet. Von der heißen Wüste Origins, über das satte Grün von Griechenland, werden wir nun in die Kälte Skandinaviens entführt – zumindest fürs Erste. Dabei setzt das französische Unternehmen wieder auf RPG-Elemente, setzt diese sogar noch etwas weiter in den Vordergrund und bindet Assassin’s Creed-typische Möglichkeiten.
Wie auch schon in den letzten beiden Teilen, wird uns ein geflügelter Freund zur Seite gestellt, der aber nicht mehr als biologische Drohne zweckentfremdet werden kann, sondern euch tatsächlich „nur“ einen Überblick verschaffen soll.
Nachdem wir mit dem Raben – ja, es gibt keinen Adler mehr – die Gegnerische Festung überflogen haben, fällt es uns ein Sturmangriff im Morgengrauen leichter und verändern so die Spielerfahrung. Die übrigens auf der Xbox Series X mit butterweichen, weitestgehend durchgehenden 60 Bildern pro Sekunde in nativem 4K hübsche scharfe Bilder zeichnet.
Auch in puncto Story hat Ubisoft einige Umbauarbeiten geleistet. Es gibt jetzt ein richtiges Entscheidungssystem, dass sich tatsächlich auf die Story auswirkt und nicht nur kosmetischer Natur ist. Mit dem Kopf durch die Wand, Diplomatie oder doch etwas ganz anderes? Ihr habt die Wahl. Die Wahl habt ihr auch dann, wenn es um den Fortschritt der Story geht. Das England in Valhalla, ist nicht mit dem modernen Königreich vergleichbar. Als Neuankömmlinge in England ist der Rabenclan nicht stark oder mächtig. Es gilt Verbündete zu finden und so schreitet die Story im Spiel auch fort. Es gibt verschiedene Gebiete, mit unterschiedlichem Level. Jedes dieser Königreiche kann euch bis zu vier und mehr Stunden beanspruchen.
Diese Abschnitte verweben die Geschichten mit Assassinen, Relikte, Geheimnissen und mächtigen Feinden, die sich gerne mal als Freunde präsentieren und uns dann wiederum im Dunkel der Nacht das Messer in den Rücken stoßen.
Brutale Kämpfe sind gang und gebe in Valhalla, mit dem Kraftpaket Eivor – egal ob Mann oder Frau – fühlt es sich an wie ein Tanz mit der Klinge, Axt oder Hammer. Ubisoft legt in erster Linie auf Muskelkraft und Eivor kann es leicht mit einer Menge von Feinden aufnehmen, und die Vielfalt der verschiedenen Gegnertypen lässt uns gerade so weit genug nachdenken um zu verhindern das sich der ganze Kampf nicht in ein reines Button-Mashing verwandelt.
Was Eivor nach und nach immer stärker werden lässt ist das Fertigkeiten-Menü. Hier könnt ihr eure Fertigkeitspunkte darauf verteilen, dass etwa jeder gekonterte Angriff dem Feind Lebenspunkte abzieht oder unzählige Angriffsmanöver freischalten. Etwa das Schleudern von zwei Äxten, Rammen mit dem Speer und weitere andere Variationen, die aber gut ins England des frühen Mittelalters passen. Leider gibt es hin und wieder ein paar Probleme mit den Animationen, weil diese nicht immer zum richtigen Moment getriggert werden.
Das ist aber nichts, was die nächsten Patch-Updates nicht beheben könnten und kommt zum Glück auch eher selten vor. Der riesiger Skilltree gibt euch viele Freiheiten beim Aufbau des Charakters, mit einer guten Auswahl an passiven und aktiven Boni, die in drei Großkategorien unterteilt sind. Der Weg des Wolfes, des Bären und des Raben. Was Waffen und Rüstung angeht, die findet ihr in der ganzen Welt verteilt. Schwerter, Beile, Äxte, Speere und so weiter, können mit Runen verbessert werden, wollt ihr die Waffe eurer Wahl aufwerten, dann müsst ihr zu Ressourcen zurückgreifen, wie Leder und Eisen. Das gleiche gilt für die Rüstungen. Wem eine Rüstung besonders gut gefällt, der kann sie theoretisch so lange veredeln, bis sie auch in High-Level-Gebieten euch gute Dienste leisten wird.
Eine große Neuerung von Valhalla ist der Siedlungsbau. Um die dafür benötigten Ressourcen zu bekommen, müssen wir Raids durchführen um die Gebäude upgraden zu können. Kosmetische Veränderungen können wir unter anderem bei den Händlern in der Welt bekommen. Diese Raids sind eine Art Massenschlacht bei der ihr mit eure Mannschaft Orte wie z.B. Klöster überfallen und danach ausrauben. Einen Raid erfolgreich zu beenden, müssen strategisch platzierte Truhen geöffnet werden, um die benötigten Ressourcen zu erhalten. Der Großteil des Siedlungsausbaus ist vollkommen optional, jedoch bestimmte Gebäude wie Gunnar’s Schmiede, das Bruderschaftshaus der Verborgenen oder die Hütte der Seherin werden allerdings benötigt um die Ausrüstung verbessern zu können und neue Quests, Beziehungen oder sogar Gebiete freizuschalten. Das Raiden wird aufgrund der Kampfdichte in Valhalla schnell monoton, allerdings lohnt sich der Grind für die Inhalte, zu denen er letztlich eingebunden wird.
Auch neu sind die optionalen Bosskämpfe, die in der Open-World zu finden sind. Sie gehören zu den größten Herausforderungen in Valhalla und erinnern uns sehr an die Walküren in God of War, auch wenn diese Gegner in Assassin’s Creed um einiges abwechslungsreicher sind. Da sie mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet sind müssen wir hier tatsächlich mal mit Taktik vorgehen. Während wir einmal die Kriegerin Cordelia mit ihren Blitzangriffen lieber aus der Ferne beschießen, zwingt uns an anderer Stelle der langsame aber starke Fischer Thor mit seinen Speeren oft zum Blocken und verlangt euch viel Ausdauer ab. Jedoch werdet ihr nicht ganz plötzlich auf sie treffen, sondern eher per Zufall, denn die Bosse sind auf der riesigen Karte fast schon versteckt.
Getestet haben wir das Vikinger-Epos auf der Xbox Series X, hier lässt sich kaum etwas an der Performance bemängeln, es läuft flüssig und fast konstant in 4K bei 60 Bildern pro Sekunde, Popups oder nachladende Texturen gibt es so gut wie nie und selbst die großen Massenschlachten stellen keine Probleme da. Und egal ob wir durch die Straßen Lundens wandern und den Kontrast zwischen rustikalen Holzbauten und römischen Ruinen genießen oder in Eoforwicscir schneebedeckte Gebirge erklimmen, wir können uns kaum sattsehen an der vielfältigen Schönheit Englands. Stimmungsvolle Licht- und Wettereffekte tauchen die Welt in lebendige Farben.
Beim Sound der unterwegs auf euren Streifzügen euch durch die Landschaften begleitet ist sehr gut gelungen, wiederum aber manchmal nicht so in den Zwischensequenzen, denn da kommt der Ton nicht synchron hinterher, fällt eventuell sogar ganz aus. Wie in fast jedem Titel, ist die originale Sprachausgabe, in diesem Fall Englisch, den anderen Optionen deutlich überlegen und trägt sehr zur Atmosphäre bei. Sprachmuffel, können aber fast jede Sprache optional herunterladen.
Das hat uns nicht gefallen:
Die Charaktere um euch herum kommen meist unsympathisch und auch nicht wirklich erinnerungswürdig rüber, dass betrifft zumeist Feinde wie auch Freunde. Egal ob es sich dabei um den jungen Assassinen Haytham handelt, der es sich in unserer Siedlung gemütlich gemacht hat, oder Kjötvi der Grausame der für das Ende von Eivors Eltern verantwortlich ist, sie alle bleiben leider blass. Gerade im Vergleich zu den Vorgängern sind die flachen Charaktere, mitsamt ihren unspektakulären Geschichten, eine Enttäuschung.
Was das Kämpfen angeht: es macht schon spaß mit unserer Horde in Festungen einzumarschieren, dann will uns das Spiel nahelegen, dass Taktik und Finesse benötigt wird um Gegner zu besiegen. Die Wahrheit jedoch ist, dass die extrem dumme KI in den meisten Fällen keinerlei Herausforderung bietet, egal in welcher Klasse und Stärke sie gerade vor uns stehen. Wer sich nicht extrem dämlich mit dem Bogen anstellt, macht mit fast jedem Feind innerhalb von Sekunden kurzen Prozess.
Ja, was hat sich Ubisoft nur bei den Nebenquests gedacht? Hinter diesen verbergen sich kleine Geschichten, die ihr unterwegs in der Welt findet und an Belanglosigkeit und Peinlichkeit kaum zu überbieten sind. Mal sammelt ihr Schlangeneier für eine Frau, damit sie den heftigsten Furz der ganzen Stadt loslassen kann, tragt Äpfel von Punkt A nach Punkt B, lauft mit einem Jungen hinter einer Katze her oder ihr werft die Habseligkeiten eines Mannes von einem Berg, damit er sich danach hinterher stürzen kann. Nichts davon ist wirklich interessant, wurde trotzdem von uns gespielt. In der Hoffnung, dass etwas Gutes bei rauskommt. Es sind wirklich nur „Neben“-Quests, meist nur wenige Minuten lang und fast alle triefen vor präpubertärem Humor.
Gerade im direkten Vergleich zu den nuancenreichen Nebenquests aus Odyssey sind diese Mini-Quests ein peinliches Desaster. Und die Tatsache, dass sie quasi die einzigen Story-Missionen neben der Hauptgeschichte sind, ist eine Enttäuschung.
Selten aber trotzdem vorhanden sind diverse Grafikfehler oder allgemein Bugs. Wenn sie nicht immer den Fortschritt stören würden, wären sie einfach nur sehr lustig. Ein Sprungangriff, der euch plötzlich über die gesamte Karte katapultiert – in den sicheren Tod. Auch merkwürdig sind die diversen Tonaussetzer des Spiels. Ja, Eivor ist ein nordischer Assassine aber lautlos bewegen kann auch er sich nicht. Es passiert häufig, dass einfach mal die Schritte und dann auch die Stimmen von Eivor und Co verschwinden.
Fazit:
Ubisoft bringt euch ein starkes Action-Rollenspiel auf eure Xbox-Konsolen, mit dem Fokus auf schleichen, taktieren aber auch mit mächtigem hau drauf. Die ersten Stunden in Norwegen mögen zwar visuell nicht so beeindruckend sein wie der Rest, machen aber durchaus Spaß, weil alles neu und „fremd“ ist.
Trotz den unnötigen Nebenquests, kann man in England wahnsinnig viel erleben, wie atemberaubende Landschafts-Panoramen, leichte Klettertouren in römischen Ruinen, simple Meuchelmorde in Kirchen und Klöstern, spannende Schatzsuchen unter Tage oder wilde Räubertouren mit den Wikingerkollegen. Abgesehen von etwas unschönem Tearing macht die Xbox Series X-Version eine gute Figur. Zusammengefasst bietet euch Eivor’s Abenteuer keinen fehlerfreien, aber unterhaltsamen Mix aus Story, Erkundung, Siedlungsbau und Kampf und es sieht bei all dem klasse aus!
Allerdings merkt man Ubisoft auch eine gewisse „Ausgebranntheit“ an, was die Franchise betrifft. So wäre es schön, wenn sich das Studio mehr Zeit nehmen würde, um den nächsten Teil zu veröffentlichen. Fans der Franchise werden auch auch in Valhalla voll und ganz auf ihre Kosten kommen.
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