EA – eine Firma, die aktuell keinen guten Stand bei den Gamern hat und das aus gutem Grund. Aber eben dieses Unternehmen hat das kleine Entwicklerstudio Hazelight unterstütz, dass mit A Way Out die Welt erobern möchte. Wir haben Leo und Vincent auf ihrer Reise begleitet und wollen euch verraten, ob sich der Kauf des Spiels tatsächlich lohnt.
Schweißgebadet wachst du auf. Der Traum noch mehr Realität, als das echte Leben. Langsam verblassen die Bilder wieder und am Ende bleibt die Erinnerung und das erstickende Gefühl im Hals. Immer mehr beginnt die Wirklichkeit wieder Fuß zu fassen und du merkst, dass du da bist, wo du nie sein wolltest. Ein kleiner Raum, mit einem Tisch auf der rechten Seite und der kleinen Liege auf der linken. Am hinteren Teil des Raumes befindet sich die Toilette und während der gesamten Zeit hörst du das Flüstern und Gerede der anderen Menschen. Der Alltag des Gefängnisses hat dich wieder im festen Griff.
Du erinnerst dich noch ganz genau wie es war, als du das erste Mal die überwachten Mauern des Gefängnisses betreten hast. Die Busfahrt dahin hatte etwas Surreales, es schien nicht greifbar zu sein. Erst als dich der harte Wasserstrahl mit eiskaltem Wasser trifft und gefühlt jede Pore des Körpers zu zerbersten droht, wird dir klar, dass es sehr wohl real ist. Dein Ziel liegt dir aber noch immer vor Augen: du musst hier raus, denn Harvey darf nicht entkommen – es wird Zeit deinen Ausbruch zu planen.
Das hat uns gefallen:
Spiele, in denen wir zusammen eine Reise bestreiten können, sind wirklich keine Neuheit mehr. Entwickler Hazelight geht aber den extremen Weg. A Way Out kann nur zu zweit gespielt werden und das gesamte Gameplay ist darauf ausgelegt.
Alleingänge gibt es nicht, Leo und Vincent, die Helden des Spiels, machen alles zusammen, um ihr Ziel zu erreichen. Vom Gefängnisausbruch bis zur Jagd nach Harvey – ihr Ziel bleibt gleich, doch ihre Mittel um selbiges zu erreichen könnten unterschiedlicher nicht sein.
Hazelight bringt nicht nur ein Coop-Titel auf den Markt, sondern hat diesen um zwei gegensätzliche Charaktere aufgebaut. Leo, handelt lieber, als das er lange nachdenkt. Erst schlagen, dann fragen oder zur Not auch erst schießen und dann zur Rede stellen. Vincent ist da ganz anders gestrickt. Gewalt muss nicht das Mittel zum Ziel sein. Rede deinen Weg aus Situationen raus. Was beide verbindet ist aber die Tatsache, dass sie zu extremen Mitteln bereit sind, sollte es brenzlig werden.
A Way Out hat klare Vorstellungen von dem was es sein möchte und weicht davon nicht ab. Wer denkt, seinen Partner im Stich lassen zu können wird schnell merken, dass es nicht funktioniert. Ob Räuberleiter an einer Wand, Hindernisse aus dem Weg räumen oder zusammen den Gefahren trotzen, ob zu Fuß oder hinter dem Lenkrad eines Fahrzeugs.
Kooperation ist angesagt, ihr müsst euch absprechen um beispielsweise Türen zu öffnen, oder euch für eine Vorgehensweise zu entscheiden wie ihr vorankommen könnt. Schnell haben wir uns mit unseren Charakteren identifizieren können. Die Lage analysieren oder mit dem Kopf durch die Wand? Hazelight gelingt es uns in die Welt zu packen und uns darin zu fesseln – zu zweit.
Hinzu kommt, dass A Way Out ein kleiner Liebesbrief an die Gamer selbst ist. Sicher, die Kämpfe sind Quick Time Events und nicht sonderlich schwer zu meistern, selbst wenn man es darauf anlegen möchte. Doch im Gesamtpaket ist A Way Out eine herrliche Mischung aus verschiedenen Gameplay-Elementen. Es wird geschossen, nicht sonderlich viel, dafür um so intensiver, es gibt Verfolgungsjagden und sogar 2D-Elemente im Stile eines Streets of Rage. Zu keiner Zeit, ob nun zusammen auf dem Sofa oder via Online-Verbindung kommt das Gefühl auf, dass ein Abschnitt zu gestreckt ist.
Oft ist es vielmehr so, dass der Abschnitt ruhig etwas länger hätte gehen können, da er sehr intensiv war. Ob es sich dabei nun um eine beschauliche Fahrt auf einem Fluss handelt oder einem Spaziergang durch den Wald – wir wollten mehr.
Worauf Hazelight verzichtet ist Backtracking. Ein Gefängnisausbruch ist kniffelig und es muss improvisiert und die nötige Vorbereitung getroffen werden. Leo und Vincent merken oftmals erst was ihnen alles zum nötigen Ausbruch fehlt, wenn sie an einem Hindernis ankommen. Wie bei einem Film wechselt A Way Out dann die Szene und verrät euch was genau die beiden Gauner planen, um voran zu kommen.
All dies geschieht im Splitscreen-Modus, egal ob lokal oder online – ihr könnt euren Partner bei seinen Aktionen nicht nur sehen, sondern auch hören. Natürlich kommt es oft vor, dass die Augen vom eigenen Spielgeschehen wegwandern, was allerdings mehr als auch einmal notwendig ist, um sich abzusprechen, bzw. eine Situation zu meistern. Eine Möglichkeit die in dieser Form noch nicht genutzt und so gut inszeniert wurde.
Inszeniert ist im Übrigen das nächste Stichwort. A Way Out ist ein Fest für die Augen. Die von Hazelight genutzt Unreal Engine zeigt wie schön sie sein kann. Leo und Vincent sind unglaublich detailreich animiert und zeigen eine tiefgehende Mimik, genau wie fast alle anderen Charaktere die ihr im Spiel treffen werdet. Vor allem aber sind es glaubwürdige Charaktere, ob nun Leo und Vincent selbst oder die vielen Leute, die wir auf unserer Reise kennelernen. Keiner davon wirkt unnatürlich überzeichnet und lachhaft. Zusammen mit der filmreifen Kameraführung und Grafik macht A Way Out selbst dann Spaß, wenn man seinem Partner nur zusehen kann.
Die ohnehin tolle Atmosphäre wird durch den unglaublichen guten Sound noch unterstrichen. Beide Helden haben einen tollen Sprecher, der zwar nur in englischer Sprache seinen Dienst verrichtet, dafür aber umso glaubwürdiger. Auch die musikalische Untermalung ist ausgezeichnet und sucht in dieser Preisklasse bislang seinen Meister.
Obwohl A Way Out günstig ist, kann es mehr als nur einmal gespielt werden. Nicht nur um am Ende eines der beiden Schicksale genauer kennenzulernen, sondern weil es im Spiel viele Situationen gibt, in denen sich beide Spieler für einen Weg entscheiden müssen. Fallschirmsprung oder der Weg durch den Dschungel? Der andere Weg kann nur im nächsten Spieldurchlauf angegangen werden.
Das hat uns nicht gefallen:
A Way Out ist ein unglaublich gutes Spiel, aber nicht frei von Mängel. So ist es mit rund sechs bis acht Stunden recht kurz, und bietet nur die Möglichkeit von einem bis zwei Spieldurchläufe. Danach wird sich nicht viel ändern können, selbst wenn es noch kleine Hinweise und Möglichkeiten am Wegesrand zu finden gibt.
Typisch für die Unreal Engine gibt es oftmals kleine Texturpakete, die während einer Szene aufploppen können, was dem Spielgeschehen aber nur sehr geringfügig „schadet“. Weniger schön ist da die Steuerung der Fahrzeuge, die es während des Spiels zu lenken gilt. Ob Auto oder Motorrad: die Lenkung ist nicht gerade präzise oder reagiert so wie es eventuell geplant ist. Hinzu kommt, dass die Abschnitten in denen es darauf ankommt recht kurz sind und somit keine Zeit für eine Lernkurve bleibt.
Einer der größten Kritikpunkte ist aber, dass A Way Out wirklich nicht alleine gestartet werden kann. Schön wäre es, wenn der andere Part von einer KI übernommen werden könnte. So ist jeder Gamer immer darauf angewiesen, dass ein Freund Zeit mitbringen kann. Ein zufälliger Online-Spieler kann ebenfalls nicht gesucht werden – was aber wohl mehr Pluspunkte bringt als negative.
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Fazit:
Für 30 Euro bietet euch Hazelight ein Spiel, das wirklich unglaublich gut inszeniert worden ist. Es ist vergleichbar mit Telltale-Titeln und doch sehr viel interaktiver. Die Geschichte ist dafür aber nicht weniger fesselnd, sondern zieht euch bis zum Ende hin mit. Emotionen und ein Ende, mit dem so wohl keiner gerechnet hat zeigt, wie viel Herzblut in A Way Out geflossen ist. Kleinere Probleme mit der Steuerung der Fahrzeuge und die Spiellänge sind da fast schon zweitrangig.
A Way Out ist ein Spiel, das auch als Singleplayer-Titel eine unglaubliche Geschichte erzählt hätte und eine tolle Reise wäre. Es bleibt zu hoffen, dass solche Titel, mit so viel Hingabe und Leidenschaft, in den nächsten Jahren zum Standard gehören werden. A Way Out erhält von uns ganz klar eine Kaufempfehlung.