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Review: A Plague Tale: Innocence – Noch nie war eine Rattenplage schöner

A Plague Tale: Innocence

Eigentlich sind Asobo Studio für Titel wie Disneyland Adventures, Zoo Tycoon, Young Conker oder auch Kinect Rush bekannt. Eigentlich eher quietschbunte Titel, die für das jüngere Publikum gedacht sind. Doch jetzt haben sich die Entwickler ein etwas anderes Projekt vorgenommen und mit A Plague Tale: Innocence ein kleines Meisterwerk geschaffen, das grafisch schicker, aber auch etwas düsterer ist. Das Action-Adventure mit starkem Story-Fokus ist nämlich nicht nur ein Geheimtipp, sondern ein echter Hit für alle Zocker, die eine gute Geschichte zu schätzen wissen. Warum wir von dem Titel so angetan sind, erfahrt ihr in diesem Review dazu.

Das hat uns gefallen:

Im Jahr 1348 übernehmen wir die Rolle der jungen Amicia de Rune. Sind wir anfangs noch in einem wunderschönen herbstlichen Wald unterwegs, überschlagen sich bald die Ereignisse. Die Inquisition fällt auf dem Anwesen von Amicias Eltern ein, schlachtet jeden ab und möchte Amicias 5-jährigen Bruder Hugo entführen. Die Kinder können zwar entkommen, sind mit der Situation aber komplett überfordert. Amicia muss ihren kleinen Bruder schützen, versteht aber selbst nicht, was die Inquisition von ihnen will. Und der kleine Hugo ist von der Welt gleichermaßen begeistert, wie eingeschüchtert. Schließlich ist er von einer mysteriösen Krankheit gebeutelt und verbrachte sein bisheriges Leben nur in seinem Zimmer.

Als wäre die Inquisition im Nacken nicht schon genug, warten auch noch überall Plünderer und Wahnsinnige. Zudem hat Frankreich auch noch mit einer riesigen Rattenplage zu kämpfen, die Pest grassiert und der Hundertjährige Krieg tobt. In mitten dieses grausamen Chaos entwickelt sich eine packende, dramatische Geschichte, die über die komplette Dauer von 17 Kapiteln und etwa zwölf bis 14 Stunden spannend bleibt.

Auch die beiden Hauptfiguren sind toll und nachvollziehbar geschrieben und wachsen einem schnell ans Herz. Lediglich die Antagonisten enttäuschen ein wenig. So sind sie zwar eine große Bedrohung, doch deren Charakterzüge, Art und Positionierung erinnern stark an bekannte Bösewichte aus einem großen Filmfranchise. Das ist eben besonders schade, da Asobo mit Amicia und Hugo beweist, dass sie eigentlich wissen, wie man gute, eigenständige Figuren schreibt. Amicia ist zwar kein hilfloses Burgfräulein aber auch weit davon entfernt, eine Kriegerin zu sein. Oftmals hadert sie mit sich sowie ihren Entscheidungen und ist mit Hugo und den Schrecken auf ihrem Weg überfordert. Hugo hingegen versteht einige Zusammenhänge nicht. Er ist mal bockig, mal verängstigt, mal fasziniert. Selten wurde ein Kind so nachvollziehbar geschrieben.

A Plague Tale: Innocence handelt zwar von zwei Kindern ist aber bestimmt kein Spiel für Kinder. Es konfrontiert seine jungen Protagonisten immer wieder mit zahlreichen Grausamkeiten, die auch Erwachsene nicht so leicht verarbeiten. Wenn Amicia und Hugo beispielsweise durch ein Dorf laufen, wo fast sämtliche Bewohner von der Pest dahingerafft wurden oder sie ein Schlachtfeld überqueren müssen und über die Leichenberge der Soldaten klettern, dann ist man auch als Spieler ziemlich mitgenommen. Die Entwickler beweisen jedoch viel Feingefühl und setzen nicht plump auf den Schockfaktor, dass sie Amicia und Hugo in diese Horrorszenarien schicken. Sie entwickeln die Charaktere stetig weiter und spendieren ihnen auch immer wieder leichtherzige Momente. Wenn Hugo zum Beispiel erstmals Frösche sieht oder die Geschwister das Echo in einem alten Chateau nutzen, ist das wirklich schön und trägt enorm zur Charakterbindung bei.

Überhaupt ist die Erzählstruktur klasse gelungen. Es gibt null Leerlauf. Jedes Kapitel ist wichtig, spinnt die Story weiter und sorgt weiter für die Charakterentwicklung. A Plague Tale: Innocence bietet jedoch nicht nur eine hervorragende Geschichte, sondern auch ganz viel Atmosphäre. Die Grafik ist ohnehin ziemlich hübsch, doch es wird optisch auch ziemlich viel Abwechslung geboten, da kein Kapitel so aussieht, wie das andere. Mal laufen wir durch einen herbstlichen Wald, mal schreiten wir in dunklen Katakomben durch ein Rattennest, mal schleichen wir bei Nacht über einen Friedhof. Sämtliche Szenarien werden unfassbar stimmungsvoll von den wunderbaren Lichteffekten im Spiel untermalt. Etwas unschön ist, dass gerade in den frühen Kapiteln oftmals auffällige Zeilenverschiebungen zu beobachten sind. Hier sollte aber ein Patch helfen.

In Sachen Gameplay ist das Action-Adventure zwar nicht ganz so gut wie beim Erzählen der Story, es überrascht aber dennoch positiv, da es mehr Abwechslung bietet als gedacht. Im Grunde gibt es vier Gameplay-Elemente: Flucht, Schalterrätsel, an Wachen vorbeischleichen und sich vor Ratten mit Licht und Feuer schützen. An dem Fluchtelement ändert sich allerdings nicht viel, es wird aber auch nicht überstrapaziert. Die anderen Punkte werden jedoch auf Grund dazukommender neuer Fähigkeiten immer weiter ausgebaut.

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Bei den normalen Rätseln verschieben wir anfangs noch Kisten oder betätigen bestimmte Schalter. Im Verlaufe des Spiels treffen wir jedoch auf Verbündete, denen wir Befehle geben können. So lassen wir sie etwa Schlösser knacken und Wachen ausschalten, geben ihnen aber auch Kommandos, wann sie welchen Hebel oder Mechanismus betätigen müssen. Das ist zwar nicht super anspruchsvoll, aber gut genug umgesetzt, dass es Spaß macht. Doch auch beim Vorgehen gegen Ratten und menschlichen Gegnern wird das Gameplay sinnvoll und spaßig erweitert. Anfangs ist offener Kampf fast unmöglich, sodass wie mit Amicia hauptsächlich die Wachen ablenken und dann an ihnen vorbei schleichen. Die Ratten hingegen halten wir mit Fackeln fern, lösen befestigte Feuervorrichtungen und schaffen so neue Lichtquellen. Sollten wir aus dem Lichtschein treten, werden wir von den Nagetieren bei lebendigem Leib aufgefressen.

Die beiden oben genannten Punkte werden aber soweit ausgebaut, dass wir mit gesammelten Materialien an Werkbänken Amicias Ausrüstung und Schleuder verbessern können. So macht das Schwingern der Schleuder beispielsweise weniger Lärm oder neue Lederriemen sorgen für mehr Durchschlagskraft, sodass wir Gegner ohne Helm auch töten können. Trägt ein Gegner eine Laterne vor sich her, können wir diese aber auch zerstören und dabei zuschauen, wie unser Feind von Ratten gefressen wird. Zudem lernen wir nach und nach ein wenig Alchemie, wodurch wir neue Hilfsmittel herstellen können. Per Schultertaste rufen wir das praktische Ringmenü auf, wählen das passende Hilfsmittel aus und craften dieses mit gedrückter Actionstaste. So stellen wir beispielsweise Glut her, die wir auf weiterentfernte Feuerstellen werfen. Oder aber auch eine Bombe, die Ratten verbrennt. Oder, wir craften Devorantis, das die Helme von Gegnern schmelzen lässt. Viele weitere Hilfsmittel stehen uns später zur Verfügung und wir müssen sie geschickt kombinieren, um uns einen Weg durch die Areale zu bahnen.

Man muss jedoch dazu sagen, dass A Plague Tale: Innocence sehr linear ist. Nur an ganz wenigen Stellen gibt es Möglichkeiten, um ans Ziel zu kommen. Die einzelnen Gameplay-Elemente sind sicherlich nicht besonders tiefgreifend, doch sie sind passend und spaßig umgesetzt und werden sinnvoll erweitert. Da sie auch gut durchgemischt werden, kommt ein guter Spielfluss auf, bei dem einen auch nicht langweilig wird. Zudem gibt es ab und zu auch Bosskämpfe, wo wir gegen einen ganz besonders starken Feind antreten. Hier müssen wir Amicias Fähigkeiten geschickte einsetzen, um zu bestehen. Spätere Kämpfe sind toll inszeniert und bringen den Puls ordentlich zum rasen.

Überhaupt ist die Präsentation sehr gut gelungen und auch die Sprecher überzeugen. Bei der deutschen Vertonung mussten wir uns zunächst erst an die Stimmen gewöhnen, doch allgemein ist sie wirklich gut. Wir bevorzugen dennoch die englische Tonspur, da hier die Dialoge noch ein bisschen besser betont werden und die Stimmen auch besser zu den jeweiligen Figuren passen.

Das hat uns nicht gefallen:

Eigentlich sollten hier jetzt ein paar Zeilen mit negativen Worten erscheinen. Tun sie aber nicht. Denn A Plague Tale: Innocence macht eigentlich fast alles richtig. Bis auf die oben genannten kleineren Zeilenverschiebungen und dem doch sonst recht linearen Aufbau der Umgebung, gibt es hier nichts zu meckern.

Fazit:

Insgesamt ist A Plague Tale: Innocence ein richtig starkes Spiel geworden. Spielmechanisch ist es recht simpel, aber gut. Doch in Sachen Erzählung, Atmosphäre, Inszenierung und der Darstellung der Charaktere ist das Action-Adventure ganz große Klasse. Wer in Videospielen gerne gute Geschichten erlebt, ist hier genau richtig. Gute Arbeit, Asobo Studio!

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