Das neue Fifa-Update für 2016 ist da! Oder bietet es dieses Jahr mehr als nur eine Auffrischung oder ist es die gleiche Leier mit „neuer Engine“? Lest unseren Test und erfahrt was uns an FIFA 17 gefallen hat und vor allem was nicht.
JA – Fifa17 ist da, also schnell zum Briefkasten und – unfassbar(!) kein Lionel Messi auf dem Cover? Nein, dieses Mal ist es der BVB-Star Marco Reus, der das neue Front-Cover der deutschen Version ziert.
In den Einstiegssequenzen, während die Teams aus den Kabinen marschieren, zeigt die neue Frostbite-Engine, welch großartige Stimmung sie erzeugen kann. Dichter Nebel liegt auf den lebenden Tribünen, durch die aufgeheizte Luft ziehen sich dünne Regenfähnchen und die Fans feiern sich und ihr Team im Chor. Endlich sehen die Spielermodelle tatsächlich aus wie ihre realen Vorbilder. Damit behebt der neue FIFA-Motor tatsächlich eines der ältesten Probleme der Reihe.
Nach dem Anpfiff scheint zunächst alles wie gewohnt auf dem Platz. Die Motorik der Spieler mit ihren individuellen Laufstilen und Bewegungsmustern wirken jederzeit authentisch und strotzen vor Dynamik. Auch sehenswert ist, wie der Schiedsrichter wild fuchtelnd klarstellt, dass ihr nach dem nächsten Foul vom Platz fliegen könntet oder Trainer wie Jürgen Klopp oder José Mourinho am Seitenrand nervös auf- und abmaschieren. Gleich nach der Partie wollten wir nun endlich den heiß erwarteten Story-Modus spielen.
Dieser versucht jetzt die persönliche Geschichte eines Spielers mit dem neuen Modus The Journey zu erzählen. Als Spieler übernehmt ihr die Rolle eines einzelnen Fußballers, die des Londoners Alex Hunter. Ähnliches Baute EA schon bei seinen Basketball- und Baseball-Titeln ein. In The Journey begleitet ihr Alex Hunter durch seine gesamte Profikarriere, angefangen beim ersten Probetraining als Auswechselspieler, bis er es schließlich in die Premier League und darüber hinaus schafft.
Das hat uns gefallen:
Endlich ein Story-Modus in FIFA Einzug halten. EA hat mit Hilfe von Beratern wie Marco Reus und bekannten Szene-Journalisten ein Sportlerdrama kreiert, das sich authentisch und rund anfühlt. In The Journey wird die interessante Geschichte von Alex Hunter erzählt. Die Story beginnt, als Alex noch ein Kind ist und sein Vater ihn dazu zwingt härter zu trainieren als alle anderen und unentwegt beim Match anbrüllt. Hunter weint, seine Mutter geht dazwischen, es gibt Ehekrach und die Scheidung folgt. Nun aber nicht zu viel verraten. Der Story-Modus ist exzellent für Einsteiger, aber durchaus auch für erfahrene FIFA-Spieler geeignet, um all die Finessen zu lernen, die für FIFA17 wichtig sind.
Wie der Ball mit Effet beim Freistoß an der Mauer vorbei zirkelt wird oder das neuartige Eckensystem zu eurem Vorteil nutzen könnt. Das ist deutlich komplizierter und anspruchsvoller als noch beim Vorgänger, belohnt aber mit mehr Planbarkeit und taktischer Tiefe. Ihr könnt deutlich gezielter den kurzen oder langen Pfosten anvisieren und den Ball via Effet stärker drehen, ein dritter Spieler schießt dann aus dem 16er zum Flugkopfball heran.
Diese vielen, feinen spielerischen Details werden in mitunter durchaus fordernden Trainingseinheiten vermittelt. Für die gibt es Punkte, wer nur zwei von fünf Fallrückziehern aus einer Flanke heraus reinmacht, der sinkt im Ansehen seines Trainers und wird möglicherweise nicht in der Startaufstellung stehen. Der Schwierigkeitsgrad richtet sich dabei übrigens danach, für welche Mannschaft ihr euch zu Beginn entscheidet.
Bei Aston Villa geht es sehr viel entspannter zu als bei den großen Clubs, wie Arsenal oder Manchester United und ihr trefft auch völlig unterschiedliche Persönlichkeiten, was ungemein witzig und spannend inszeniert ist. Im Story-Modus wird ein sehr leichtes, aber merkliches Rollenspielsystem integriert. So bauen wir die „Reiter“ Physis, Verteidigung, Dribbeln, Schießen und Geschwindigkeit auf, was natürlich Unterschiede ausmacht.
Alex Hunter ist zu Beginn nicht gerade ein Lionel Messi, wir müssen schon viel mit Finten und Überrollern arbeiten, um den Gegner aussteigen zu lassen. Leveln wir jedoch Geschwindigkeit, wird er nicht nur schneller, sondern aktiviert gegen Ende des Spiels das Perk „Second Wind“, wodurch er noch mal richtig Gas geben kann. Generell lässt sich jeder „Talentbaum“ in drei Stufen ausbauen. Das macht FIFA17 jetzt nicht sofort zum Sportrollenspiel, ist aber eine schöne Zugabe.
Die Frostbite-Engine zeigt besonders im Zoom und bei Wiederholungen ihre Power. Beispielsweise knittern Trikots sehr echt, etwa wenn ein Spieler den Arm nach oben reißt, und es ist jede einzelne Gewebefaser sichtbar. Rutscht er durch das nasse Gras, bilden sich auch gerne grüne Streifen, die sich von der Hose bis zum Trikot ziehen. Unschön und unnötig ist allerdings der 30-FPS-Lock bei Kamerafahrten, dadurch leiten die Zwischensequenzen mitunter etwas wenig harmonisch ins eigentliche Gameplay über.
Mehr Freiheiten bei Aktionen: ihr könnt jetzt selber den Anlaufpunkt beim Freistoß wählen. Je mehr Anlauf, desto mehr Kraft im Schuss. Wer von hart rechts oder links je nach Position des Leders anläuft, kann zudem deutlich mehr Effet geben. Beim Einwurf könnt ihr jetzt mit Finten arbeiten, die genau so funktionieren wie beim Elfmeter. Leitet ihr den Einwurf oder Schuss ein und drückt die gleiche Taste direkt nochmal, stoppt der Spieler ab. Zudem denkt die K.I. (abgesehen von einigen Aussetzern, die es leider immer noch gibt) gefühlt deutlich besser mit, sucht viel stärker den Zug in den freien Raum, lässt sich aber auch bei Gefahr zurückfallen.
Überraschend gut sind dieses Jahr die Kommentare von Wolff-Christoph Fuss und Frank Buschmann. Die liegen zwar wie gewohnt noch gelegentlich daneben, gehen aber oft auch sehr schön auf die Leistungen der Teams im Spiel ein und haben immer wieder kleine Anekdoten auf Lager. Das erfreut unser Ohr – im Vergleich zu den Vorjahren.
Das hat und nicht gefallen:
Die Kicker auf dem Platz bewegen sich vor allem beim Antritt ziemlich träge, wenn ihr nicht gerade mit Ronaldo oder Aubameyang losstürmt. Ihre Laufwege sind zwar besser als noch beim Vorgänger, trotzdem sind die Akteure längst nicht so clever wie beim Konkurrenten.
Vor allem die Gegner neigen oft zu rätselhaften Fehlern: etwa wenn Top-Klubs wie Real Madrid den Ball ohne Not ins Aus schlagen. Was die neue Engine (noch) nicht beheben konnte, ist nach wie vor die irritierte Ballphysik. Verspringende Schüsse etwa fliegen alles andere als physikalisch korrekt ins Seitenaus. Pässe, die eigentlich aussehen, als würden sie auf halbem Weg verhungern, kommen zur großen Überraschung doch noch bei den Mitspielern an. Leider fühlt sich das Spiel insgesamt immer noch oft nach einem zähen Mittelfeld-Geschiebe an. Dank verlangsamten Spieltempo und Kickern, die viel zu behäbig im Antritt sind, ist FIFA17 gerade für Serienfans anfangs sehr sperrig.
Fazit:
EA kommt mit neuer Grafikengine und einem tollen Story-Modus ums Eck, nur leider geht diesem nach rund drei bis vier Stunden die Luft aus. Die Frostbite-Power beschert der Simulation noch glaubhaftere Animationen, sowie Spielergesichter – doch der Spielfluss fühlt sich oftmals ungewohnt zäh an.
Mit fetzigem Soundtrack und einem dicken Lizenzpaket aus Original-Clubs und -Fußballern schafft FIFA17 schnell eine Stadionatmosphäre und ist damit dem Vorgänger in vielen Punkten überlegen.
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