Videospiele sind keine junge Form der Unterhaltung mehr. Vor mehr als 30 Jahren waren sie bereits auf dem Vormarsch und zeigten dabei eine Vielfalt ungeahnten Umfangs. Es gab alles: Denkspiele, Sport, Geschicklickeit, Sidescroller (Shooter), Abenteuer, Rollenspiele und vieles mehr. All das gibt es heute auch noch, aber ein Genre dominiert vor allen anderen: First Person Shooter.
Was sind First Person Shooter eigentlich? Wie der Name schon sagt, sind es Shooter, die aus der Egoansicht, die Welt des Spielers zeigen, weshalb sie in Deutschland auch gerne als Ego-Shooter bezeichnet werden. Es waren Spiele wie Battlefield, Call of Duty oder aber Medal of Honor, die dieses Genre für aktuelles Gameplay prägten. In einer Zeit als Filme wie „Der Soldat James Rayn“ demonstrierten wie brutal der Zweite Weltkrieg war, haben Titel wie Medal of Honor oder Call of Duty nicht nur gezeigt wie es war, man konnte quasi dabei sein. Es begann das glorreiche Zeitalter des modernen Shooters.
Kimme und Korn wurden schnell zum gewohnten Standard bei der virtuellen Ballerei. Natürlich gab es andere Titel des Genres, die sich der Egoperspektive bemächtigten und ein ganz anderes Setting oder eine andere Klientel hatten. Quake oder Unreal, um nur zwei zu nennen. Als sich der „moderne“ Shooter entwickelte war er auch nicht so übermächtig wie es heute der Fall ist. Die verschiedenen Ableger trugen noch keine Zahl hinter den Namen und wurden auch nicht jedes Jahr auf den Markt geworfen. Es gab zudem genügend Abwechslung unter den verschiedenen Spielen, sodass man nicht das Gefühl hatte, ständig Schema F präsentiert bekommen zu haben.
Leider setzte der Trend, der bis heute anhält und überdauert, recht früh ein. Plötzlich gab es nur noch Weltkriegs-Shooter und schnell setzte eine Übersättigung ein, die sich auch in den Verkaufszahlen widerspiegelten. 2016 sind Shooter irgendwie zum Standard verkommen. Sicher, es gibt noch Abenteuerspiele, Sport (ausgenommen der üblichen Verdächtigen) oder Geschicklichkeitstitel, aber sie alle haben längst nicht mehr den Erfolg, den sie früher hatten. Eine Entwicklung, die man als Gamer mehr oder minder hinnimmt und letztlich mit der Brieftasche unterstützt, sofern man einfach weiterballern möchte. Auch hier sagte ich noch einmal: es ist okay, wenn man genau das möchte, allerdings leiden andere Genre darunter.
Schaut man sich die Adventures von heute genauer an, wird man feststellen, dass die Helden allesamt in der einen oder anderen Form eine Schusswaffe mit sich führen, und davon viel häufiger Gebrauch machen als vom Hirn oder der Story. Natürlich gibt es Spielereihen im Genre, die das bereits von Anfang an machen, wie Tomb Raider. Allerdings ist es ein Trend, der nicht nur Adventures betrifft. Selbst Rollenspiele (RPGs) haben sich dem Trend des schnellen Spielens unterworfen. Rundenbasierte Kämpfe werden als altbacken betrachtet, da es immer wieder an „Action“ fehlt, so heißt es. Ist dem wirklich so, oder hat man sich als Gamer einfach dem Marketing und den Verkaufszahlen insgeheim so sehr angepasst, dass man es nicht anders will? Haben die Helden von einst noch mit viel Taktik gekämpft, haut man heute nur noch einen Button bis Gegner X umfällt. Selbst das „Hauen“ wird zum Teil irgendeine Form des Schießens. Sei es mit „magischen“ Schwertern die Feuerbälle oder Ähnliches abfeuern, der Zauberstab der statt verheerender Magie nur noch ein Projektil abfeuert oder gleich eine Pistole die „Zauber“ verschießt.
Viele Genre haben sich einfach dem Trend des Shooters unterworfen. Man kann es den Entwicklern nicht einmal verdenken, sofern man etwas wirtschaftlich denkt. Wenn Shooter, oder alles was damit irgendwie zutun hat, so erfolgreich sind, warum sollte man noch auf Hirnschmalz oder Taktik setzen?
Ich kann nun schon einige Gamer protestieren hören, die laut sagen, dass man sehr wohl in Shooter auch taktisch vorgehen kann oder gar muss, und Taktik bedarf natürlich was? Genau, Hirn und Teamwork. Das stimmt, ich möchte an dieser Stelle das Genre der Shooter nicht verteufeln, auf keinen Fall. Sie haben ihren Platz in der Videospielwelt verdient und es gibt auch immer wieder richtig gute Titel, die für Erstaunen sorgen aber viel zu oft gegen die großen Namen „verlieren“.
Zum Glück gibt es auch immer noch Ausnahmen oder Entwickler, die Shooter-Mechaniken so geschickt einsetzen, dass sie nicht wie eben beschriebenes Schema F wirken, sondern viel mehr Teil einer Welt sind und oftmals unabkömmlich für die zu erzählende Geschichte sind. Allerdings hoffe ich, als Gamer, der nicht erst seit einigen Jahren dabei ist, und auch als „Fachmann“, dass wir weniger auf bekannte Formeln setzen werden in Zukunft. Es gibt eine so große Auswahl an Genres und Möglichkeiten, und vor allem ist die Technik soweit ausgereift, dass man längst neue Wege beschreiten kann. Es bedarf nur mehr Mut und Vertrauen der Publisher in die Entwicklerstudios, damit etwas „Neues“ entstehen kann, das sich eben nicht nur den Trends unterwirft, sondern wieder für Erstaunen sorgen kann.
Es muss nicht immer ein neues Battlefield sein, nicht immer ein neues Call of Duty. Es sollte längst sehr viel mehr Titel geben, die abseits von Shooter-Wegen unterwegs sind. Als Gamer heutzutage muss man sich doch den Gedanken gefallen lassen: „Was sollte man sonst machen, als rumballern?“ Als Videospiele gerade auf dem Vormarsch waren, ist es vor allem die Geschichte gewesen, die einem antrieb. In Verbindung mit einem Gameplay, dass dich „belohnte“, wenn man übte und genauso gnadenlos war, wenn man versagte. Titel wie Dark Souls versuchen genau dieses Prinzip wieder aufzugreifen. Natürlich muss es nicht genauso schwer werden, wie eben in Dark Souls, doch der Weg den From Software geht, ist meiner Ansicht nach der richtige. Ein Weg, den auch andere Entwickler gerne gehen dürfen und sollten, ohne dabei gleich um ihre Existenz fürchten zu müssen.
Das Phänomen, dass ich hier so melodramatisch als „Shooterfizierung“ beschreibe, ist dem Schwinden guter Geschichten zuzuschreiben, die sich dem Profit haben unterordnen müssen. Schaut man sich „Kampagnen“ in neuen Shootern an, sind sie meist vier oder fünf Stunden „lang“. Sicher das Miteinander soll unterhalten bzw. das Gegeneinander.
Wie sieht das Gaming 2020 aus? Werden Shooter da weiterhin der Standard sein, wird dann in jedem Genre geballert oder sind andere Genre einfach schon verschwunden? Entwickler sollten mehr Platz zum Atmen bekommen, mehr Freiheiten und vor allem mehr Vertrauen. Natürlich wird nicht jedes Projekt Gewinn abwerfen aber seien wir mal ehrlich. Die großen Publisher haben viele Sorgen, Geldmangel zählt sicher aber nicht dazu.
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